Sibirien – Anders als erwartet

Wir haben die Grenze zu Russland überschritten und befinden uns sofort in Sibirien. Sibirien – wie das klingt! Wir haben sofort Bilder von Schneemassen im Kopf. Jetzt aber ist es Anfang August und wir schwitzen in der Sonne. In Sibirien. Sibirien ist ja viel weitläufiger als wir dachten, umfasst einen Großteil des russischen Nordasiens und besteht neben der Tundra auch aus Nadelwälder und Bergketten. Wir befahren gerade mal den südlichsten Süden Sibiriens.

Auf dem Weg nach Omsk haben wir das Gefühl, wir befänden uns in Deutschland auf dem Land. Viel Wald, links und rechts der Straße leuchtend grüne Felder. Omsk ist für uns nur wichtig, weil da eine DHL-Filiale auf uns wartet, mit deren Service wir unsere Zweipässe nach Deutschland zurückschicken werden. Und da wir so gar keine Vorstellung von Omsk haben, sind wir mehr als überrascht, wie hübsch die Stadt eigentlich ist. Wir steuern sofort die Megamall an und kaufen ein. Kurz schauen wir bei DHL vorbei und schicken unsere Pässe per Express nach Deutschland – das kostet stattliche 130€! Aber dafür sind die Pässe nach 3 Tagen spätestens gegen 12 Uhr mittags beim Wunschempfänger; das ist schon klasse, aber eben sehr, sehr teuer.

Omsk
Omsk mit Blick auf den Fluss Irtysch

Nächster Halt ist Nowosibirsk, enttäuscht uns aber bereits bei der Durchfahrt, so dass uns die Lust vergeht, uns irgendetwas anzuschauen. Abgesehen vielleicht vom Bahnhof, wo die Transsibirische Eisenbahn durchfährt, scheint es laut Karte aber auch nichts wirklich Sehenswertes zu sehen. Also waschen wir nur Wäsche (Koordinaten: 55.016441, 82.9548). Und da sind wir überrascht: wir haben ja mal wieder 25 kg Schmutzwäsche innerhalb der letzten etwas mehr als vier Wochen gesammelt und für nur um die 17 € sind die Klamotten gewaschen und getrocknet. Nach dem Oman die bisher zweitgünstigste Wäsche!

In Nowosibirsk biegen wir nach Barnaul ab, einem Ort, in dem wir uns schnell registrieren lassen (empfehlenswertes Hostel, weil sehr hübsch: Hostel Provence; Koordinaten:  53.346996, 83.760395), und folgen der Hauptstraße weiter Richtung Altai-Gebirge. Ab Gorno-Altaisk wird die Umgebung sehr schön bergig und wir fühlen uns, als befänden wir uns im Süden Deutschlands, in Österreich bzw. in der Schweiz. Die Straße schlängelt sich durch die Berge am Katun River entlang.

Wir finden einen schönen Übernachtungsplatz direkt am Fluss Chuya. Dort erwischt mich Durchfall und ich liege einen kompletten Tag flach. Das wiederum ist Glück für ein paar Russen, die auf einer Rafting Tour auf dem Fluss unterwegs sind, denen aber leider ein Boot beim wilden Rafting kaputt gegangen ist und gestrandet sind – auf der falschen Seite des Flusses. Alex versteht kein Wort, wohl aber, dass er Hilfe holen muss. Und so steht er beinahe eine Stunde an der Straße und versucht, Hilfe zu holen. Keiner hält an. Letztlich ist es ein Tourveranstalter, der mit Alex zum Fluss kommt, so dass ausgetauscht werden kann, was los ist. Hilfe muss gerufen werden. Blöd, dass hier kein Telefonnetz ist. Auch wir haben das Problem, dass wir kein Internet haben. Da wir durch mehrere Oblaste fahren und die russischen SIM-Karten für Touristen nur für ein Oblast gelten (leidvolle Erfahrung hatten wir bereits gesammelt), haben wir einfach über die Apple-SIM für ganz Russland Datenvolumen gekauft. Aber knapp hinter Nowosibirsk war plötzlich Schluss: keine Datenverbindung mehr, obwohl wir gerade mal die Hälfte des Volumens aufgebraucht haben. Ärgerlich. Der Tourveranstalter holt jedoch Hilfe und wir können beruhigt schlafen gehen.

Am nächsten Tag machen wir einen kurzen Halt am „Geyzernoye Ozero„, der auch „Blauer See“ genannt wird und der sozusagen direkt an der Straße liegt. Leider ist der See sehr touristisch, soll heißen, man hat keine Ruhe. Wir müssen durch einen Eingang mit Essens- und Souvenirbuden durch und sogleich hält eine Dame die Hand auf: um die 50 Cent für jeden abzukassieren, nicht viel, aber es nervt, dass man für einen See bezahlen muss, der ja ohnehin da ist. Bezahlen muss man, weil der Weg geebnet wurde, denn der führt durch ein Sumpfgebiet und so bin ich schon wieder versöhnlicher, denn ohne Holzsteg wäre ich überhaupt nicht zum See gekommen. Die vielen Besucher trüben die Atmosphäre etwas. Schön ist er trotzdem und die Strukturen des Schlammbodens sind dabei besonders beeindruckend.

Eigentlich hatte ich noch einige andere Ziele herausgesucht, aber irgendwie sind wir müde von der ganzen Fahrerei und haben so gar keine Lust, Abstecher zu machen. Die Raserei im Iran hatte uns schon zugesetzt, nach Kasachstan mit den schlechten Straßen ist nun irgendwie die Luft raus. Und so fahren wir stur die Hauptstraße zur mongolischen Grenze. Im letzten größeren Ort Koch-Agatsch wollen wir doch noch mal kurz ins Internet, um die wichtigsten Nachrichten abzurufen und zu beantworten, und so landen wir im Hostel Koch-Agatsch: Stellplatz um die 12 € pro Nacht, ziemlich viel, weil wir nichts in Anspruch nehmen. Ich frage, ob Registrierung mit inbegriffen sei. Ja. Schön ist es hier nicht und wir bekommen eine Ahnung, wie es auf der anderen Seite der Grenze wohl aussehen wird. Lediglich die Hauptstraße und die ein oder andere Nebenstraße ist geteert, sonst nur staubige Wege.

Hostel Kosch-Agatsch
Unser Stellplatz im Hostel Kosch-Agatsch

Der Supermarkt ist klein und bietet keine größere Auswahl; man muss nehmen, was man kriegen kann. Insgesamt haben wir eigentlich Pech, denn gerade ist Stromausfall und Internet funktioniert damit überhaupt nicht. Was also machen? Herumlaufen. Aber nach ein paar Schritten in der staubigen, unschönen Gegend verziehen wir uns wieder in den Benz. Ich will gerade im Hostel unsere zweite Registrierung in Auftrag geben, da kommen ein paar junge Männer aus England und Niederlande an. Sie fahren die Mongol Rallye mit alten Fahrzeugen, bei denen man sich unweigerlich fragt, wie sie es bis hierher geschafft haben. Also frage ich nach. Ja, erzählen sie, das sei auch alles nicht so einfach. In Kasachstan seien sie in der Werkstatt wegen irgendeines Problems gewesen und dann hätte der Mechaniker plötzlich noch weitere Defekte festgestellt; ich fasse mal kurz zusammen, wie ich mir das Gespräch zwischen Mechaniker und den jungen Männern vorstelle:

  • Ich seh‘ gerad‘: Eure Feder vorne rechts ist gebrochen
  • Oh!
  • Ach, und vorne links ja auch!
  • OH!
  • Hinten rechts und links auch…
  • Scheiße!

So ist das bei den Straßen. Aber sie lachen. Ja, das sei alles ganz schön stressig. In knapp einem Monat von London bis zur russisch-mongolischen Grenze und jetzt hätten sie noch ein paar Tage Zeit, um bis nach Ulaanbaatar zu kommen, weil dann der Flieger auch schon nach Hause ginge. Ach herrje. Sie würden sich schon sehr auf zu Hause freuen. Das glaube ich!

Die Jungs sind jetzt mit Zimmern versorgt, ich bin dran. Ich gebe die Pässe ab für die Registrierung und die junge Dame fängt auch schon an, Kopien zu machen (Strom ist wieder da), aber das dauert alles, weil sie alles im Zeitlupentempo macht. Also sage ich ihr, dass sie schön weitermachen soll, ich die Pässe am nächsten Tag abhole. Ok. Am nächsten Tag ist überhaupt nichts fertig. Sie fängt wieder an, die Registrierung vorzubereiten und sagt dann aber, dass wir keine Registrierung bekämen, weil wir keine Gäste seien. What? Sind wir doch, sage ich, wir parken da! Ja schon, aber wir würden ja nicht im Haus übernachten, daher keine Registrierung. Was das damit zu tun hat?, frage ich. Ich bin sauer. Sie spricht kein Wort Englisch, ich kein Wort Russisch, also geht alles über Google-Translater und wenn man erst mal alles eintippen muss, was man sagen will, kommt die ärgerliche Note dabei nicht so gut rüber. Sie lächelt nur und zuckt mit den Schultern. Wir fahren also ohne zweite Registrierung weiter. So richtig wissen wir nicht, wie oft wir uns überhaupt registrieren lassen müssen, aber nachdem die Dame in Barnaul uns dringend empfohlen hat, uns vor der Ausreise, denn inzwischen sind ja wieder ein paar Tage vergangen, nochmal registrieren zu lassen, wollten wir es nicht versäumen. Nun muss es eben ohne gehen. Und so fahren wir am Vormittag nach gut 14 Tagen auf russischem Boden zur 70 km entfernten russisch-mongolischen Grenze.

Auf dem Weg zur mongolischen Grenze
Ganz anderes Bild: auf dem Weg zur mongolischen Grenzen

 

 


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