Wir finden einen wunderschön gelegenen Übernachtungsplatz mit Aussicht in den Bergen zwischen Lake Prespa und Ohridsee.
Wir haben noch gar nicht richtig eingeparkt, da hält ein PKW neben uns. Ein Guide steigt mit vier Touristen aus. Er fragt uns, wohin wir wollen. Das wüssten wir auch noch nicht so richtig, aber wir wollten gerne den Weg weiterfahren bis runter in den Ort Elšani. Ja, sagt er, das sei überhaupt kein. Er kenne die Strecke und sei da mit seinem PKW auch schon langgefahren. Er zeigt uns auf der Karte exakt die Straße, die wir entlangfahren wollen. Ich frage ihn noch, wie es denn mit Bäumen aussähe, denn wir seien ja schon einen kleinen Tick höher als sein PKW. „Keine Bäume,“ sagt er, „überhaupt kein Problem.“ „Vielen Dank!“, rufen wir ihm noch zu. Weil wir Bewegung von der Fahrerei brauchen, entscheiden wir, eine kleine Runde mit den Mountainbikes zu fahren. Ich will unbedingt nach Ohrid zum Kloster, also wollen wir die Strecke, die wir gerade noch mit dem Fusel fahren wollten, zunächst mit den Bikes fahren. Alex macht die Routenplanung mit maps.me und versichert mir glaubhaft: 12 km runter, 12 km wieder rauf. Zu diesem Zeitpunkt mache ich mir noch keine Gedanken darüber, wie hoch wir uns eigentlich gerade befinden. „Ach“ sag ich „is‘ ja easy!“ Da das ja nur so ’ne kurze Strecke ist, kriegt jeder von uns eine Wasserflasche und für jeden genau einen leckeren Sesam-Honigriegel, mit denen wir uns in Griechenland eingedeckt haben. Außerdem lasse ich noch eine Tüte Erdnüsse in die Fahrradtasche fallen, man weiß ja nie… Unsere Routenplanung sieht folgendermaßen aus: 😊

Die von uns gewählte Strecke ist sogar eine Mountainbikestrecke, wie auf den Schildern am Wegesrand zu erkennen ist. Gegen 12:30 Uhr geht es zunächst eine Weile bergauf und wir müssen gar nicht lange fahren, da fallen uns die vielen Bäume auf, deren Äste ziemlich weit herunterhängen. Außerdem hört der Weg plötzlich auf und endet im Gestrüpp. So so, der PKW ist diesen Weg also mal locker bis in den Ort Elšani gefahren?! Definitiv kein Weg für einen Fusel. Wir beglückwünschen uns zur Entscheidung, mit den Mountainbikes gefahren zu sein. Aber viel ist von der Mountainbikestrecke nicht mehr zu sehen. Also suchen wir uns den Weg durch das ganze Laub und Geäst, müssen raten, weil kein Weg vorhanden ist.
Hier und da verraten Wegmarkierungen, wohin wir müssen. Wir sind quasi auf Schnitzeljagd. Es geht etwas bergab, wieder bergauf, jedoch insgesamt schon mal 120 Höhenmeter bergauf und irgendwann haben wir es auf den Pass geschafft. Jetzt geht es nur noch bergab, freuen wir uns. Ja…, zu früh gefreut: der Weg ist teilweise durch das ganze Geröll, große Gesteinsbrocken und die Steilheit einfach nicht fahrbar. Fast die ganze Strecke bergab müssen wir laufen, hier und da die Bikes sogar tragen.
Wir müssen die ganze Zeit bremsen, weil die Bikes schneller im Tal ankommen wollen, als wir. Uns tun die Hände vom Bremsen weh. Ich habe einen Krampf in der linken Hand. Anstrengend. Zwischendurch kommt uns der Gedanke, dass das ja eigentlich ganz schön doof ist, ERST runter, um DANN wieder raufzufahren, weil RAUF müssen wir ja, da steht nun mal unser Heim. Andersherum dreht man einfach um, wenn man keine Lust mehr hat. Ein zweiter Gedanke schließt sich dem ersten gleich an: wenn wir schon nicht runterfahren können, können wir erst recht nicht rauffahren. Aber wir ziehen das Ding gnadenlos durch, ich will nach Ohrid zum Kloster.
Erst gegen 15 Uhr erreichen wir die Landstraße, die rechts weiter nach Ohrid führt. Ich schaue nach rechts und will schon aufs Fahrrad hüpfen. Da sieht Alex meinen Blick nach rechts. „Das schaffen wir ja nu‘ nicht mehr!“ sagt er mit einem Blick auf die Uhr. Ich bin enttäuscht. „Wir müssen da wieder rauf!“ erinnert mich Alex und zeigt auf den Berg. Ja…, sieht hoch aus. Fast 1.000 Höhenmeter und das nur bis zum Pass! Eigentlich hab ich ja gar keine Lust mehr, bin schon fertig vom runter“fahren“, -tragen, -wasauchimmer. Lieber würde ich gerne einfach gemütlich am Wasser entlangfahren. Ich spüre das steile Bergab in den Schenkeln. Nützt nix: über dem Ohridsee ziehen dunkle Wolken auf: Regen und zwar ordentlich! Ich hab‘ Hunger. Zum Frühstück gab’s nur Obst, kein Mittag. Kann ja keiner ahnen. Wir gucken ein bisschen missmutig auf unsere kleinen Riegel: viel ist das ja nicht. Also essen wir schön langsam. Dann kommt eine Mieze vorbei, die ich streicheln muss. Alex drängt zum Aufbruch: keine Zeit für Miezen, um die Rückkehr weiter hinauszuzögern. Bringt ja auch nix, wird nur immer später.
Wir gucken uns bei maps.me unsere neue Route an: Joah…, dis sieht nun schon ganz anders aus! 😳

33 km! Da denkt man ja, geht. Aber das hier bedeutet insgesamt betrachtet: bergauf!!! Mich fröstelt’s. Die ersten 10 km bis Trpejca geht es bergauf und bergab, insgesamt aber bereits 120 Höhenmeter bergauf, und das teilweise schon ziemlich steil mit 10%. Bei Trpejca geht es links in langen Serpentinen auf den Pass hoch.

Die ersten Kilometer gehen noch. Dann wird das Fahren immer schwerer. Während ich so monoton in die Pedale trete, bin ich sauer auf Alex, weil es war ja schließlich nur die Rede von 12 km und nicht 33 km zurück bergauf! Und überhaupt: wieso braucht dieser Mann eigentlich keine Pause? Zwei Kurven weiter hasse ich plötzlich Berge! Wieso tut man sich das eigentlich an und rennt/fährt einen Berg runter und dann wieder rauf? Ich trete und trete und es nimmt kein Ende. Um die 6-7% Steigung. Warum nur bzw. WARUM? Ich weiß nicht mehr, wie ich auf dem Fahrrad sitzen soll. Mir tut der Po tierisch weh. Die Wolken kommen immer näher. Die Schenkel sind müde. Keine Ahnung, warum ich mich heute so schwer tue. Die Straße zieht sich. Nach weiteren Kilometern tun mir Rücken und Oberschenkel weh. Einen Blick für die Schönheit des Ohridsees habe ich schon lange nicht mehr.
Auf 1.364 m Höhe kommen wir an einer Quelle vorbei. GOTT SEI DANK: unsere Wasserflaschen sind schon lange leer und unsere Münder trocken. BLÖD: wir müssen etliche Stufen hinunter zur Quelle steigen. Ohne das tun die Schenkel ja schon genug weh. Pause. Wir essen ein paar Erdnüsse. Kurz kommt mir der Gedanke, dass es jetzt ganz schön wäre, wenn jemand unsere Fahrräder klauen würde. Ich verwerfe diesen Gedanken schnell wieder: laufen will ich die vielen Kilometer ja auch nicht. Mit der Pause verhält es sich wie mit dem Bergabfahren, wenn man weiß, dass es danach wieder bergauf geht: das Glücksgefühl hält nur kurz, denn man weiß: gleich, sobald ich aufstehe, tut’s noch mehr weh. Und so is‘ es dann auch. Es dämmert schon und wir müssen weiter. Bergauf, immer bergauf. Kilometer um Kilometer. Am liebsten würde ich das Fahrrad hinschmeißen und mich an den Fahrbahnrand setzen. Nie wieder Fahrradfahren. Ich werde immer langsamer. Einmal bin ich so langsam, dass ich fast rückwärts rolle. Scheiß Schwerkraft. Wer ist eigenlich auf die bescheuerte Idee gekommen, mit dem Rad runterzufahren? In etwas schneller als Schrittgeschwindigkeit strampeln wir weiter bergauf. Ich schaue stur auf die Straße. Es fängt an zu regnen. Also ziehen wir schnell die Regenjacken an. Die halten zwar den Regen – zumindest vom Oberkörper – fern, aber man schwitzt wie blöd darunter. Noch vor dem Pass ist mir elend, der ganze Körper ist kraftlos und ich bin müde, möchte die Augen schließen, sofort schlafen. Ich weiß, dass wir nach dem Pass noch mal bergauf müssen. Das motiviert nicht wirklich.
Dann endlich: wir haben den Aussichtspunkt Baba auf dem Pass auf 1.570 m erreicht. Wir können kurz durchatmen. Es geht 210 Höhenmeter auf 4,7 km bergab. Rollen lassen. Den strömenden Regen auf der Haut spüren. Oh.., und aufpassen, dass man nicht versehentlich ausrutscht auf der nassen Fahrbahn. Könnt‘ ja doch ’n Auto von vorn kommen. Gefühlt eine Ewigkeit später erreichen wir endlich unsere Abzweigung nach links. Jetzt müssen wir NOCH mal 120 Höhenmeter auf 2 km bergauf. Das Womo kommt und kommt nicht. Ich kann nicht mehr sitzen. Dann endlich hinter Bäumen taucht der Fusel auf. Erleichterung. Mir kommen kurz ein paar Tränchen, als wir gegen 19:30 Uhr endlich ankommen. Ich kann nichts dagegen tun. Ich bin fix und fertig. Und klatschnass. Wortlos drücke ich Alex mein Bike in die Hand; er muss wegräumen. Ich kann nicht mehr. Nach einer Dusche lege ich mich ins Bett und rühre mich nicht mehr…
Hallo ihr Beiden!
Habe bisher mit Begeisterung Eure Reise verfolgt. Tut mir leid, dass ihr mit dem Fuso solche Problem bekommen habt. Bin schon auf euer neues Womo neugierig. Nun zu meiner Frage oder Bitte – ihr habt hier schon des öfteren Karten von Maps.me aus dem iPad eingefügt. Ich habe das bisher noch nicht geschafft…und auch noch niemanden gefunden der es mir erklären konnte wie das funktioniert. Wie funktioniert das Einfügen von Karten aus Maps.me??
Danke
Gerhard Ras, Wien.
LikeLike
Lieber Gerhard,
vielen Dank für Deinen Kommentar! Und wir freuen uns, dass Du sozusagen „mit uns reist“ :).
Wie füge ich nun die Karten von maps.me ein… Ich hab’s mir sehr leicht gemacht: ich habe einfach einen Screenshot von meiner Route gemacht und das dann als Bild eingefügt. Fertig.
Ich hoffe, das hilft Dir.
Viele Grüße
Nicole
LikeLike