Das haben wir uns aber einfacher vorgestellt: mit MOCEAN ab in die Marina, Wassertaxi nach Almirante, Mietwagen nehmen, herumfahren, fertig. So einfach ist es dann doch nicht.
Um unsere geplanten 14 Tage an Land verbringen zu können, muss die Dicke an einen sicheren Ort, weil wir kurz nach unserer Ankunft in Panama nicht wissen, wie die Windverhältnisse hier in Bocas del Toro sind – es kann ja durchaus regionale Ausreißer geben, die wir auf unserer WetterApp Windy nicht sehen. Die moderne Red Frog Marina befindet sich auf Isla Bastimentos; eine gemütliche Motorstunde mit der MOCEAN von Bocas Town entfernt – denn Wind gibt es hier so gut wie keinen. Die Dicke ist schnell eingeparkt und hat eine eigene Box mit Steg links und rechts. Mit dem kostenlosen Wassertaxi müssen wir sodann 10 Minuten nach Bocas Town, um in ein weiteres öffentliches Wassertaxi (9 $/P) umzusteigen, das uns in 30 Minuten nach Almirante bringt. Anders als gedacht gibt es dort jedoch überhaupt keine Mietwagenstation. Braucht kein Mensch. Nur wir. Die meisten Touristen, die hier herkommen, sind Backpacker, die ohnehin kostengünstig mit dem öffentlichen Bus fahren oder gleich direkt den Flug nach Panama City nehmen, denn Bocas Town auf der Hauptinsel Isla Colón verfügt über einen Flughafen, der sich etwas übermütig „International Airport“ nennt, dann aber doch nur wenige Flüge direkt nach PC durchführt.
Diejenigen, die ein eigenes Auto haben, nehmen entweder die stets gut gefüllte Fähre nach/von Almirante/Bocas Town (man sollte also früh genug vor Ort sein) oder lassen das Fahrzeug für ein paar Dollar gleich in Almirante auf dem überwachten Parkplatz stehen. Alles schlecht für uns, denn dadurch sieht sich keine Mietwagenfirma veranlasst, hier ein Geschäft aufzubauen bzw. zu halten, falls es jemals eine Mietwagenstation hier gab.
Und so müssen wir vom Hafen von Almirante ein Taxi (1 $/P) nehmen, um zum weiter entfernten Busbahnhof am Stadtrand von Almirante zu kommen. Wassertaxi fahren füllt sich ein bisschen wie die Wasserbahn im Vergnügungspark an. in Almirante nehmen wir einen öffentlichen Minibus, der uns für 8,50$/P eng eingepfercht in kleine Sitze über die Bergkette nach David bringt. Das dauert vier Stunden (inklusive einer 45-minütigen Pinkelpause). Danach sind wir durch, denn zwischendurch musste die Klimaanlage ausgeschaltet werden, weil der arme Minibus ganz schön zu tun hatte, als er sich den langen Weg bergauf über den Gebirgszug Serranta de Talamanca der Gebirgskette Cordillera Central hochquälte. Außerdem konnten Alex und ich nur mit dem halben Po auf unserem Sitz sitzen, weil unsere jeweiligen Sitznachbarn aufgrund der Körperfülle und ~haltung mehr als einen Sitz einnahmen. Allerdings versüßte uns das kleine Mädchen mit den großen runden braunen Augen im Sitz vor Alex die Fahrt, die uns neugierig anstrahlte und ihrer Mutter immer wieder die Maske vom Gesicht zog.

Nach der kleinen Weltreise ist der Tag quasi rum. Gut, dass wir vorher bereits das Hotel gebucht haben, so müssen wir mit unseren Taschen nur noch eine halbe Stunde in die Innenstadt laufen. Wir sind die einzigen ohne Maske. Panama hatte kurz vor unserer Ankunft die Maskenpflicht für den Außenbereich aufgehoben, aber das scheint nur in Bocas del Toro sowie um den Playa Venao bei Pedasi auf der Halbinsel Azuero angekommen zu sein. Wobei sich Playa Venao angeblich nie um die Maßnahmen geschert hatte. Und weil wir zu den ganz, ganz wenigen gehören, die sich gegen die Maßnahmen stellen, kommen wir mit den anderen „Rebellen“ schnell ins Gespräch. Aber auch sonst, in Restaurants, Hotels, Shops versuchen wir, mit den Menschen in Kontakt zu kommen und sie aufzuklären. Zu 95% kommen wir komplett ohne Maske durch. Und wir können sogar einige Menschen zum Nachdenken anregen.
In David mieten wir bei Thrifty Car einen Wagen für 14 Tage. Eine kurze Diskussion entsteht, da der Vermieter uns weniger berechnen will, weil wir die Debit-Karte, statt einer Kreditkarte nutzen, was uns derart erstaunt (Wer gibt denn heutzutage schon freiwillig Geld zurück?), dass wir seine gutmütige Geste erst gar nicht verstehen. So fremd ist uns ein solches Entgegenkommen geworden.
David selbst ist ein trostloser Ort, den wir daher schnellstens Richtung Bezirk Boquete in den Bergen verlassen. Dieser Ort liegt, wie David auch, in der Provinz Chiriqui und liegt nahe dem 3477m hohen Volcán Barú, der damit auch gleich der höchste Berg Panamas ist. Dort angekommen frieren wir. Seit Dezember 2019 sind wir tropische Temperaturen gewöhnt, seit Curaçao Temperaturen über 30 Grad. Und jetzt? Unsere Unterkunft liegt auf über 1.000hm in der Hauptstadt von Boquete namens Baja Boquete; das heißt, hier ist es kalt. Wohlwissend haben wir selbstverständlich Jeanshosen und Sweatshirts an, als wir uns mit einer deutschen Familie im fantastischen italienischen Restaurant „Il Pianista“ treffen, aber wir frieren trotzdem. Es regnet die ganze Zeit in Strömen, um uns herum ist die Umgebung in dicke grauen Wolken gehüllt. Das Frieren hört auch nicht auf, als wir in unserer Unterkunft ankommen, denn die ist leider komplett feucht, ohne Heizung und die angepriesene „warme“ Dusche (die es ohnehin selten gibt) reicht nur für ein einziges Mal und das auch nur für eine Person. Als wir bibbernd im Bett liegen, sehnen wir uns bereits nach Bocas del Toro zurück. Auch am nächsten Tag regnet es konsequent durch, so dass wir Boquete als Ort unseres möglichen Rückzugs von der Liste streichen. Zwar sind die Temperaturunterschiede im Bezirk Boquete von den verschiedenen Höhenlagen deutlich zu spüren, je höher oder tiefer man sich befindet, aber dieses Wetter schreckt uns ab. Wir brauchen Sonne. Dazu muss ich allerdings erwähnen, dass wir uns gerade in der Regenzeit befinden und in dieser scheint Boquete ständig in Wolken gehüllt und ordentlichen Regenschauern ausgesetzt zu sein.

Nach zwei Nächten sind wir froh, auf der Panamericana Richtung Pazifik nach Pedasi unterwegs zu sein.
Panamericana… wie das klingt. Wir hatten ja, bevor wir MOCEAN kauften, überlegt, den Benz nach Nord- oder Südamerika zu verschiffen, um die Panamericana entlangzufahren. Nun sind wir hier. Und sind einigermaßen überrascht, eine nur vierspurige Straße vorzufinden. Und wenn man denkt, man kann die Panamericana zwischen den Orten schön entlangbrausen, wird man enttäuscht: die meiste Zeit dürfen wir nur entweder 60km/h oder 80km/h fahren. Nur ausnahmsweise gibt es kurze Strecken mit 100km/h. Und man sollte sich strikt an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten, denn die „Banditen“ in Uniform gibt es auch in Panama, wo sie mit „Pistole“ zum Messen auf Jagd nach Geschwindigkeitssündern sind. Wobei: viele stehen auch nur da und telefonieren.
Pedasi und Umgebung gefällt uns gut. Die grünen Hügel der Las Tablas erinnern ein bisschen an das Auenland von „Herr der Ringe“. Hier sind wir in einem hübschen kleinen Bungalow bei „La Casa de Pucha“ ganz in der Nähe vom pazifischen Strand, dem Playa El Toro, und lernen sogar Pucha, die nette Vermieterin, höchstpersönlich kennen. Von hier aus sind es nur 400m bis zum Strand, den wir allerdings in der Ebbezeit betreten: anders als die karibische Seite mit einer Tide im Zentimeterbereich, beherrschen hier mehrere Meter Tidenhub die Strände. Dementsprechend grau sieht es dann aber auch aus. Die leuchtend weißen Sandstrände gibt es hier nicht; die befinden sich eher in Bocas del Toro und vor allem in den San Blas.
Noch auf Martinique hatte sich Alex mit Panama beschäftigt und neben Boquete noch einen anderen lebenswerten Ort ausgemacht: Altos del Maria in den Bergen von Sora. Dabei handelt es sich um eine große „Gated Community“, also einen absperrten Bereich mit Security und Schranken. Besonders beeindruckt hatte ihn die schöne Aussicht auf die Berge. „Gated Communities“, in denen sowohl Auswanderer als auch Panameños leben, gibt es einige in Panama, aber Altos del Maria ist eine der größten, wenn nicht gar mit mehr als 7.000 Acres (also fast 30 km2) die größte. Auf dem Weg dort hin, quasi nebenan, liegt El Valle de Antón in einem Vulkankrater in den Bergen der Provinz Cocle. Es handelt sich um den zweitgrößten besiedelten Vulkankrater der Erde. Leider regnet es auch hier mit nur wenigen kurzen Pausen. Unser Tag in El Valle de Antón gestaltet sich derart, dass wir in den kurzen Regenpausen von Café zu Café, von Restaurant zu Restaurant hüpfen, um überhaupt etwas Bewegung zu haben. Hüpfen ist denn auch der richtige Ausdruck, weil durch die Regenmassen alles überschwemmt ist. Aufgrund des vielen Regens und der tiefhängenden Wolken sehen wir die Umgebung des Vulkankraters auch nur kurz bei Sonnenaufgang zwischen 6 und 7 Uhr vom Balkon unserer Unterkunft aus, bevor sich der graue Vorhang gnadenlos zuzieht.
Nach zwei Nächten brechen wir also nach Altos del Maria auf, das durch eine schmale kurvige Straße mit El Valle de Antón verbunden ist. Diese Strecke haben uns Katherine & Michel, Vermieter unseres Apartments bei sich zu Hause in Altos del Maria, empfohlen. Bei Katherine und Michel, ein freundliches Ehepaar aus USA/Kanada, fühlen wir uns pudelwohl. Wir sind jedes Mal, wenn wir uns über den Weg laufen, derart in Gespräche vertieft (insbesondere um die derzeitige Situation), dass wir kaum dazu kommen, uns die Gegend anzuschauen. Wir nutzen den Vormittag des zweiten Tages, denn ab Mittag soll es regnen. Und richtig: Quasi Punkt 12 fällt der nasse Vorhang. Immerhin können wir so einen der vielen Wanderwege nutzen, um die Gegend zu erkunden. Allerdings müssen wir feststellen, dass von den viel gepriesenen Wanderwegen nur noch wenige wirklich gepflegt sind. Einige sind bereits wieder komplett zugewuchert. Ja, die ganze Anlage scheint langsam zu zerfallen: die Straßen werden löchrig, teilweise schlecht befahrbar und die Natur holt sich gnadenlos das Gebiet zurück. 30 km2 instand zu halten erfordert sehr viel Aufwand, der vom Gründer dieser Community Arturo Melo (der sich auf dem „Mont Blanc“ von Altos del Maria einen riesigen (schottischen) Burgtraum erfüllt zu haben scheint) noch getragen wurde, aber seit dem Verkauf an einen neuen Investor nicht mehr so wichtig erscheint – der typische Verlauf eben. Und genau aus diesem Grund zweifeln wir daran, dass dieses Gebiet eine gute Wahl wäre und streichen auch Altos del Maria von unserer Liste.
Von Altos del Maria überlegen wir, noch einen „Abstecher“ nach Panama City zu machen, aber wir fühlen uns so Maßnahmen-frei ganz wohl, daher lassen wir PC sausen, um es auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Stattdessen sind wir noch einmal mit einem anderen deutschen Pärchen in Boquete verabredet und wollen diesem Ort noch eine Chance geben. Und als wären unsere Gedanken erhört worden, erstrahlt Boquete beim zweiten Besuch im herrlichen Sonnenschein. Unsere Unterkunft liegt dieses Mal in den Bergen mit herrlicher Aussicht, die wir beim Frühstück genießen können. Außerdem schauen wir uns die Gegend um Bajo Boquete auf beiden Seiten an, haben noch kurz die Idee, „mal eben“ zum Vulkankrater hoch zu wandern, was wir uns angesichts der Strecke dann doch lieber verkneifen (die Strecke ist als eine „Straße“ eingetragen, die jedoch keine für uns befahrbare ist) und treffen uns schließlich in Los Molinos mit zwei deutschen Auswanderern. Los Molinos ist ebenfalls eine „Gated Community“, allerdings derart bewacht, dass uns ganz schwummerig wird und wir uns fragen, warum man aus Deutschland auswandert, um dann auf Schritt und Tritt in Panama bewacht zu werden. Die Security am Tor scannt nicht nur Alex’ Gesicht; er will quasi alles wissen. Außerdem trägt er eine Waffe. Was das dann noch mit „Freiheit“ zu tun hat, erschließt sich uns nicht. Die Anlage ist sehr hübsch, aber jeder kann dem anderen in den Garten schauen und da gehen auch schon die ersten Aufreger zwischen den Nachbarn los. Boquete an sich hat es jedoch durch den positiven zweiten Eindruck schon wieder auf unsere Liste geschafft. Die Entscheidung fällt schwer. Insbesondere, weil im August ein weiteres UMsteigerpärchen nach Panama zieht, das uns gerne auf dem Festland hätte, denn die Sache mit dem Besuchen wäre so wesentlich einfacher. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt.
Schließlich machen wir einen kleinen Abstecher an die Grenze zu Costa Rica – nur mal gucken. Interessant ist, dass man eine Straße direkt an der Grenze entlangfahren kann: auf der einen Seite ist Panama, auf der anderen Seite Costa Rica. In der Mitte gibt es eine Tankstelle, die von beiden Seiten angefahren werden kann. Abgefahren! Dafür kontrollieren jedoch Grenzsoldaten diese Straße akribisch und wir müssen zwei oder dreimal unsere Dokumente vorzeigen.
Nach zwei Wochen sind wir schließlich fertig mit unserer ersten kleinen Rundreise, geben den Mietwagen zurück und starten den langen Rückweg über die Berge. Als wir auf der „anderen Seite“ der Gebirgskette, als sich die Wolkenschicht langsam auflöst, bereits das Archipel Bocas del Toro ausmachen können, sind wir verliebt: es ist einfach schon so schön genau da, wo wir sind.
Um noch etwas von unserem Marinaplatz zu haben (schließlich haben wir kostenlosen Zugang zum Resort sowie zu den Stränden), gehen wir spazieren, bevor wir MOCEAN wieder schwojen lassen. Das Red Frog Resort besteht aus einem Hotel sowie einer Gated Community mit etlichen wunderschönen Villen mit Meerblick. Angeblich soll man hier vom Weg aus bereits Faultiere sehen können, erspähen jedoch keines. Später erfahren wir, dass die Tiere gar nicht so groß sind, wie vermutet und dass sie aufgrund der Tarnfarbe ihres Fells ohnehin schwer zu sehen sind, wenn sie nicht gerade auf einer grünen Wiese hocken, sondern den Stamm eines Baums umklammern. Was wir jedoch sehen, ist das farbenfrohe Tierchen, wonach das Resort benannt wurde: der knallrote, jedoch giftige Frosch. Hier in der Gegend gibt es diese Frösche auch noch in anderen Farben: orange, blau, gelb oder grün, aber auch in grün-gelb, weiß mit rot, orange oder schwarz mit Punkten. Den kleinen Kerl, dem ich nun mit der Kamera nachstelle, ist der bekannte rote Frosch mit schwarzen Punkten. Während ich so dastehe und mich erfreue, erfreuen sich große Ameisen an meinen Füßen und Beinen. Sie krabbeln die Beine hoch und in die Schuhe. Ich merke es erst, als es mehrfach heftig zwickt. Ich tanze erschrocken herum, schmeiße die Schuhe weg, reiße mir die Socken blitzartig von den Füßen und hüpfe aufgeregt schreiend herum. Zwei Locals arbeiten gerade in der Nähe und kommen zu uns. Einer der beiden nimmt die Schuhe und Socken, befreit alles säuberlich von den fiesen Ameisen und gibt es lächelnd zurück, während Alex mich stützt und meine Beine inspiziert. Ich habe jetzt überall rote Flecken und es juckt. Hinzu kommt, dass auf dem weiteren Weg auch noch gefräßige Mücken Spaß daran haben, mir das Blut auszusaugen. Ich komme aus dem Kratzen nicht mehr raus und nach unserer großen Spazierrunde am Strand und durch den Dschungel bin ich etwas entnervt und sehne mich nach meinem Fenistil-Gel, das ich in weiser Voraussicht en masse gekauft habe.
Das Gemeine ist, dass ich mit so etwas gar nicht mehr gerechnet habe, denn nach den beinahe klinisch reinen Regenwäldern auf Martinique, wo es einfach nichts gibt, was einen piesackt, man eben einfach im Regenwald stehen bleiben und genießen kann, kam mir gar nicht in den Sinn, dass es woanders auch tatsächlich anders ist.
Uns zieht wieder raus aufs Wasser. Eine Marina ist noch beengter als ein Campingplatz, daher suchen wir Marinas auch nur im Notfall auf. Außerdem haben wir uns ein bisschen unbeliebt gemacht, weil wir uns geweigert haben, eine Markierung (ein leuchtend rotes Armband zur „Mitgliedschaft“ des ganzen Resorts) zu tragen wie ein Tier. Das Mitsichtragen reicht aus unserer Sicht völlig aus, aber da sind Menschen eben unterschiedlich. Wir nutzen die Gelegenheit, unser Boot in der Marina zu putzen, die Wassertanks mit dem – glücklicherweise – chlorfreien Wasser aus dem Hahn aufzufüllen und begeben uns schließlich in die Freiheit des wunderschönen großen Archipels. Einige schöne Orte wollen erkundet und genossen werden!