Martinique: Vom Haul-out zum Lockdown

Moment mal, hatten wir das nicht schon mal? Ganz recht: letztes Jahr im März. Offensichtlich hat man überhaupt nichts gelernt. Und wieder einmal hatten wir unglaubliches Glück…

Von Îles des Saintes segeln wir umständlich nach Marie Galante (immer noch Guadeloupe). Die Insel liegt im Osten und wir müssen gegen den Wind kreuzen. Da wir nicht wissen, ob und wann Martinique die Einreisebestimmungen verschärft, bleiben wir nur eine Nacht, obwohl der wunderschöne, leere Sandstrand von Trois Îlets verdammt verführerisch ist.

Am 19. Juli 2021 segeln wir luvseitig an Dominica vorbei. Dabei sind wir viel zu schnell, denn wir wollten erst am Vormittag in der Bucht von St. Pierre (Martinique) ankommen. Der Wind bläst uns zu schnell über die karibische See und so erreichen wir bereits gegen 23 Uhr den nördlichen Zipfel von Martinique. Da direkt an der Insel durch die hohen Berge (zB Montagne Pelée) ordentliche Fallwinde herrschen, ansonsten aber kaum Wind ist, und wir außerdem nicht gerne im Dunkeln ankern, holen wir die Segel runter und motoren gemächlich die Küste entlang. Da wir noch nicht wissen, was hinsichtlich des Einklarierens auf uns zukommt und ob uns gegebenenfalls die Coast Guard erwartet, wollen wir uns vom Norden her nach Süden „heranpirschen“. Unser Ziel hat sich von St. Pierre (Norden) über Fort-de-France (beinahe Mitte) nach Le Marin oder St. Anne (Süden) geändert, weil wir ohnehin Termine ausmachen wollen: MOCEAN muss unbedingt raus. Kaum haben wir den nördlichsten Punkt von Martinique mitten in der Nacht erreicht, hören wir über Funk, dass Fischer vermisst werden. Der Wellengang außerhalb des Windschattens ist ordentlich und so halten wir Ausschau. Erst später bekommen wir mit, dass das Boot wohl zwischen St. Lucia und Martinique, also viel weiter im Süden, vermisst wird.

Ansonsten ist niemand unterwegs. Erst, als wir im Morgengrauen des 20. Juli den Diamantfelsen Rocher du Diamant passieren, macht sich hinter uns ein Segelboot mit uns auf den Weg. Stunden später erreichen wir unser Ziel: St. Anne (knapp vor der Le-Marin-Lagune, weil hier das Wasser besser ist als in der Lagune). Zufälligerweise ankern wir direkt neben einer anderen deutschen Lagoon42 und kommen schnell ins Gespräch. Sie bestätigen, was wir auch schon gehört haben: beim Einklarieren fragt keiner nach irgendwas. Anders als im letzten Jahr klarieren wir also dieses Jahr nicht in der Capitainerie ein (womöglich wollen die irgendwelche Unterlagen sehen), sondern an einem der anderen Computer, in unserem Fall in der Tankstelle. Und siehe da: keinerlei Fragen (das kann sich zwischenzeitlich natürlich geändert haben). Wir sind drin und beglückwünschen uns, dass wir es bis hierher ohne jegliche Tests und ohne Liquid geschafft haben. Vor Hurrikans sind wir hier zwar nicht sicher, aber immer noch sicherer als auf St. Martin und wir wollen hier unser Antifouling erneuern, weil wir mit Fabrice und seinem Team von NauticService sehr gute Erfahrung gemacht haben. Da kommen wir natürlich gerne wieder.

zweiter Ankerplatz: in Le Marin, Martinique. Es ist beinahe wie „nach Hause kommen“, nachdem wir letztes Jahr schon Monate auf Martinque verbracht haben

Begrüßt werden wir auf Martinique mit einer täglichen Ausgangssperre von 21-5 Uhr. Außerdem haben die Locals, insbesondere das medizinische Personal am Tag unserer Ankunft in Fort de France gegen die Maßnahmen, den Grünen Pass und die Pflichtinjektion demonstriert. Die Injektionsquote ist hier „äußerst niedrig“ (irgendwas zwischen 16-20%), weil sich die Martinikaner – völlig zu recht – nichts injizieren lassen wollen. Dazu muss man verstehen, dass es die Behörden bisher auch nicht so genau mit der Gesundheit der Menschen hier genommen haben:

Beispiel: Vergiftung durch Chlordecon

Martinique ist ja eher bekannt durch guten Rum, Sonne, Palmen, Strand und Meer, aber auch durch Bananen. Wie auf Guadeloupe gibt es hier Bananenplantagen. Um die Bäume vor Insekten zu schützen, wurde ab 1972 Chlordecon, eine Chemikalie in Form eines weißen Pulvers, genutzt, um die Stauden zu schützen. Nachdem die Chemikalie bereits auf dem französischen Festland aufgrund der schädlichen Wirkungen verboten wurde, wurde die Bevölkerung von Französisch-Westindien über viele, viele Jahre weiterhin vergiftet, obwohl die Behörden von den schädlichen Wirkungen wussten. Noch Jahrezehnte später, nachdem die Chemikalie nicht mehr verwendet wurde, konnte und kann ein Großteil des Landes von Martinique und Guadeloupe nicht für den Gemüse-/Obstanbau genutzt werden. Flüsse und Küstengewässer sind ebenfalls kontaminiert. Noch heute gibt es zB Warnhinweise bzgl der Kontamination in der Umgebung von Fort-de-France, was bedeutet, dass dort nicht gefischt werden darf. 92-95% der Martinikaner haben Spuren von Chlordecon im Blut. Noch heute haben die Locals auf Guadeloupe und Martinique eine ungewöhnlich hohe Prostatakrebsrate.

Beispiel: Denguefieber-Impfung

Sanofi hat ein „tolles Liquid“ gegen das Denguefieber. Auf den Philippinen wurde daher eine Massenverimpfung testweise (!!!) an über 700.000 Kindern (!) (anvisiert war eine Million) durchgeführt, die jedoch abgebrochen werden musste: wer sich noch nie auf natürlichem Wege mit dem Denguevirus infiziert hat, solle sich dann doch lieber nicht impfen lassen. Da fragt man sich: wozu dann die Impfung? Es geht um den Impfstoff Dengvaxia. „Eine erworbene Immunität soll nicht vor weiteren Dengue-Infektionen schützen, sondern sie sogar in ihrer Ausprägung verstärken.“ Das heißt, es gäbe „in diesen Fällen [also mit der Impfung!!!] ein erhöhtes Risiko, dass eine schwerere Form der Krankheit die Folge ist.“ Jedenfalls waren geimpfte Kinder potentiell mehr gefährdet als ungeimpfte, weshalb Sanofi vor dem eigenen Impfstoff warnte. Moment, das erinnert vage an ein anderes Impfexperiment, das gerade… Ach egal. Da Sanofi ein französischer Pharmakonzern ist und hier in der Karibik ebenfalls das Denguefieber verbreitet ist, bekommen das die Locals natürlich auch hier mit.

Interessanterweise gibt es jetzt wieder die Bestrebung, Kinder zwischen 9 und 17 Jahren (!) auf Martinique und Guadeloupe einem Impfprogramm mit Dengvaxia zu unterziehen, also dasselbe Präparat, dessen Verimpfung bereits auf den Philippinen gestoppt werden musste. Wahnsinn. Ist es wirklich so verwunderlich, dass die Menschen den Pharmakonzernen und insbesondere den Impfungen misstrauisch gegenüberstehen? Ich sag‘s nochmal: Wer glaubt, dass es den Pharmakonzernen um Gesundheit geht, glaubt auch, den Rüstungskonzernen ginge es um Weltfrieden.

Der Termin für MOCEAN‘s Haul-out steht fest: der 9. August. Mir geht ein bisschen die Muffe wegen eines möglichen Hurrikans, aber Alex beruhigt: zur Not wird das Boot fest verzurrt (wie die anderen auch) und wir bauen alles ab – kein Problem. Jetzt wollen wir schnell noch ein Auto mieten, denn wir möchten schnell zu Decathlon, bevor wir da nicht mehr reinkommen ohne „Pass“ oder bevor es einen Lockdown gibt (da hatten wir ja die richtige Vorahnung). Unsere Schwimmsachen und Klamotten des täglichen Gebrauchs sind kaputt und wir brauchen neue. Verwöhnt vom letzten Mal im Mai 2020 (bei Europcar ein großer Renault Captur für 20€/Tag, wann immer wir wollten wegen der fehlenden Touristen) müssen wir bestürzt feststellen, dass wir aufgrund der Touristen, die sich auf der Insel befinden, kein Auto bei „unserer“ Vermietung bekommen. Wir finden eine Autovermietung in St. Anne, aber das kleinste Auto (Renault Clio) kostet bereits 71€/Tag. Als wir mit dem Mitarbeiter sprechen, kommen wir auch zum Liquid, weil er fragt, ob wir uns haben spritzen lassen. Wir verneinen und fragen zurück. Er verneint sofort vehement. Niemals würde er sich „behandeln“ lassen. Schon sein Arzt habe ihm davon abgeraten. Wir beglückwünschen ihn zum vernünftigen Hausarzt und er soll nicht der einzige bleiben, der so reagiert. In der Politik (auch gerne in den französischen Nachrichten) wird gerne so getan, als wären die Locals hier minderbemittelte Idioten, die zu doof sind, ein Handy zu bedienen und im Internet zu suchen. Dabei haben wir bereits auf Curaçao mit Locals gesprochen, die fantastisch informiert waren und den Betrug sehr schnell durchschaut haben. Was den Mietpreis des Autos betrifft bleibt uns die Spucke weg, aber was soll‘s?! Wir erledigen unsere Einkäufe bei Decathlon (drei Waschmaschinen voller neuer Wäsche), fahren auch noch Baumärkte ab, um neue Toilettensitze sowie neue Waschbeckenarmaturen u.a. zu kaufen… und haben alles richtig gemacht: eine Woche später, am 30. Juli, wird zunächst die tägliche Ausgangssperre auf 19-5 Uhr verschärft, sämtliche Restaurants sind geschlossen und wir dürfen uns nur noch im 10km-Radius bewegen. Eine gute weitere Woche später (am 10. August) folgt der Lockdown: die Touristen werden „freundlich angehalten“, die „so schrecklich verseuchte Insel“ (was für ein Schwachsinn) zu verlassen (de facto bedeutete das, dass die Hotel einfach schlossen, also hatten die Touristen gar keine Wahl), alles ist geschlossen bis auf Lebensmittelgeschäfte und wichtige Geschäfte für Reparaturen sowie Apotheken und Take-away und wir dürfen uns nur noch maximal 1 km (!) bewegen. Das Betreten der Strände ist natürlich auch verboten! Und das in den Sommerferien! Die ganze Prozedur ist für erst mal drei Wochen geplant und wird mit Sicherheit verlängert. Es ist einfach nur noch lächerlich. Das ganze schimpft sich hier übrigens „confinement“, was übersetzt „Haft“ bzw. „Gefangenschaft“ bedeutet – wie passend.

Windstille am Tag des Haul-outs

Als der Termin für MOCEAN‘s Haul-out näher rückt, bangen wir natürlich. Ich befürchte außerdem, dass wir eventuell gar nicht auf dem Boot bleiben dürfen und/oder die sanitären Einrichtungen nutzen können (wie im Mittelmeerraum letzten Jahres). MOCEAN steht bereits zum Rausholen in der Box, als eine Mitarbeiterin namens Anne uns verkündet, sie müsse erst mal mit dem Büro des Präfekten Rücksprache halten, ob überhaupt gearbeitet und das Boot am Freitag wieder zu Wasser gelassen werden könne (weil ja einen Tag später der Lockdown in Kraft treten soll). Wir bangen, denn Alex hat Wasser im Getriebeöl gesehen, dh. ein Dichtungsring am Saildrive muss dringend getauscht werden. Bange und lange 10 Minuten vergehen, bis es heißt: Kran frei, MOCEAN darf raus.

3,5 Tage harte Arbeit liegen vor uns: MOCEAN muss poliert werden, Alex bereitet alles für den Austausch der Dichtungsringe vor (d.h. er baut schon mal die Propeller ab). Außerdem müssen Tisch, Frontsitze sowie hintere Treppen imprägniert werden, um sie besser vor Salzwetter und Witterung zu schützen. Und wir kaufen eine neue Ankerkette. Das Glück ist uns hold, denn es regnet kaum, trotzdem wir uns ja mitten in der Regenzeit befinden. Auch die sanitären Einrichtungen können wir wie gewohnt nutzen. Wir lernen den Bootsbesitzer von nebenan kennen: er kommt eigentlich aus St. Barths und möchte bis Herbst in die Bretagne; danach will er wiederkommen. Er sieht die ganze Situation wie wir und hofft, dass er auch tatsächlich wiederkommen kann. Bevor er fliegt, „vermacht“ er uns seine restlichen Lebensmittel, unter anderem Lachs – wir sind begeistert, denn das hatten wir schon so lange nicht mehr.

Am Freitag, den 13. August wird MOCEAN wieder zu Wasser gelassen und wir können erst mal wenig machen: der Lockdown dauert noch an und er wird auch erst mal nicht enden. Das Umhersegeln ist eigentlich untersagt, auch wenn es manche Segler trotzdem machen – richtig so. Wir wissen nicht so recht, wohin wir sonst sollen, da wir kein Auto mieten können, also bleiben wir erst mal in St. Anne und wollen dort schnorcheln und wandern gehen….


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