Ursprünglich hatten wir geplant, nach der Atlantiküberquerung auf Barbados zu landen, hatten jedoch den Plan wieder verworfen, weil ich gelesen habe, dass der Ankerplatz in der Carlisle Bay extrem „rolly“ sein soll – also sehr unruhig. Von „unruhig“ hatten wir während der Atlantikpassage bereits genug und wollten einen schönen ruhigen Ankerplatz, weshalb es uns nach Bequia (übrigens wie ‚Backway‘ ausgesprochen) gezogen hatte. Jetzt wird Barbados plötzlich für uns wieder interessant. Da wird der erfahrene Segler jetzt denken: Moment mal, das liegt doch in der völlig falschen Richtung? Jepp, genau das: gegen Wind und Wellen.
Der Lockdown auf Martinique setzt uns zu: wir dürfen überhaupt nichts mehr. Während in Deutschland körperliche Ertüchtigung erlaubt ist, dürfen wir nicht mal mehr schwimmen gehen; und das bei durchgängig 30 Grad. Wir tun das natürlich trotzdem (das hält man ja sonst nicht aus), bleiben aber dabei dicht am Boot, was allerdings keine ausreichende Bewegung darstellt. An Land dürfen wir nur das Nötigste erledigen; das begrenzt sich ja nunmal aufs Einkaufen. Während in einem Supermarkt penibelst darauf geachtet wird, dass nur eine bestimmte Anzahl von Menschen einkauft, stehen alle anderen in der prallen Sonne in einer elendig langen Schlange, um gemeinsam zu warten, bis sich das magische Tor auch für sie öffnet. Das ist bei Leaderprice, dem günstigsten Supermarkt so. Deshalb gehen wir immer im SIMPLY (Auchan) einkaufen. Um den Einkaufsfluss zu kontrollieren, gibt es nur eine Tür (statt zwei getrennte), die als Eingang und Ausgang dient. Anfangs werden die Einkaufswagen und der mitgebrachte Rucksack bzw. die größeren Taschen desinfiziert. Manchmal riecht das Zeug nach Rum.
Wir segeln nach Fort-de-France, in der Hoffnung, in der Hauptstadt ein Auto mieten zu können, um wenigstens bei dem privaten Postoffice vorbeizufahren und mal wegen der Päckchen nachzufragen. Vor Fort-de-France außerhalb der 3-Meilen-Zone liegt das Kreuzfahrtschiff Costa Magica: Martinique hat seit dem 11. März das Anlegen von Kreuzfahrtschiffen untersagt. Und dieses Schiff durfte bisher an keiner anderen karibischen Insel anlegen. Wir ankern in der Nähe des Dingi Docks, fahren an Land und laufen herum. Wir kommen uns vor wie in einem Endzeitfilm, in dem wir die letzten Überlebenden sind:
Die Straßen sind leer. Wenn überhaupt Autos fahren, dann nur noch zum Einkaufen oder zum Arzt. Sämtliche Geschäfte sind geschlossen; Martinique, das noch wenige Tage zuvor quirliges Leben bot, ist jetzt wie ausgestorben. Noch vor dem Haul-out haben wir keinen Parkplatz in Fort-de-France ergattern können, so überfüllt war die Stadt. Doch jetzt sind selbst die Busbahnhöfe leer. Nichts geht mehr. Den einzigen geöffneten Supermarkt müssen wir suchen und auch hier herrscht gähnende Leere. Hamsterkäufe gibt es hier nicht – Gott sei dank. Wir werden beim Betreten kurz desinfiziert, das war’s. Es herrscht eine ohrenbetäubende Stille, sowohl im Supermarkt als auch auf den Straßen. Es ist unheimlich und auf eine Art beängstigend – wie eine Ruhe vor dem Sturm. Bettler durchstreifen hungernd die Straßen: McDonalds und alle anderen Restaurants, bei denen immer etwas für sie abfällt, sind geschlossen. Sie durchsuchen Mülltonnen, finden aber nichts mehr, weil niemand mehr etwas wegwirft – es ist ja keiner da.
Und während mehr oder weniger geheim der Ölkrieg zwischen Saudi-Arabien, Russland und USA stattfindet, die NATO gerade einen Testlauf (Defender 2020) der in den vergangenen 5 Jahren aufgebauten NATO-Kriegsinfrastruktur für einen Aufmarsch gegen Russland startet, redet die Welt nur noch über Corona – es gibt merkwürdigerweise kein anderes Thema mehr in den Medien.
Kurze Zeit später ist die Costa Magica verschwunden. Es werden noch ein paar andere Kreuzfahrtschiffe auftauchen, die verzweifelt einen Anlegeplatz suchen, um ihre Gäste nach Hause schicken zu können – auf Martinique jedenfalls ohne Erfolg. Und auch die anderen Inseln sind wenig hilfreich: plötzlich sind Kreuzfahrtschiffe Virenschleudern und werden verteufelt. Da der Ankerplatz in Fort-de-France überhaupt nicht schön ist, versuchen wir es kurz bei Trois Îlets, verlegen wir uns dann aber schnell wieder zurück nach Le Marin. Uns fehlen immer noch die Ersatzteile. Unsere Freundin Nicole erklärt uns, dass Sachen, die nach Martinique verschickt werden, in Frankreich hängenbleiben und nicht zugestellt werden dürfen. Damit schreiben wir unsere beiden Pakete ab. Inzwischen haben zahlreiche Länder entweder einen Lockdown oder zumindest scharfe Restriktionen ausgerufen; Segler kommen nicht mehr an ihre Boote (zB in Italien und Spanien). Immer mehr Grundrechte werden beschnitten. Angeblich soll der Lockdown auf Martinique bis zum 30. April andauern. So werden die Länder im Gleichschritt vorgehen: sie werden den Lockdown immer wieder um 14 Tage verlängern. Tanken sowie Ein- und Auschecken können wir nur noch vormittags – und das soll voraussichtlich bis zum 17. Mai so bleiben. Bei den unterschiedlichen Daten dämmert uns, dass das noch eine ganze Weile so weitergehen wird. Und schließlich ist sogar das Angeln verboten! Das hatte uns ab und zu ein schönes Abendessen gebracht. In Französisch Polynesien hängen viele Segler fest und dürfen nicht mal unbewohnte Inseln anfahren. Die Charterboote verlieren in der Hochsaison wichtige Einnahmen und es wird viele geben, die ihr Boot nicht mehr finanzieren können, weil das Geschäft wegfällt (es sind ja häufig private Boote, die verchartert werden, um so ein Boot überhaupt finanzieren und eines Tages sein Eigen nennen zu können).
Wir treten mit Chris aus Barbados in Verbindung. Ob er denn noch arbeite? Chris sagt, auf Barbados sei alles normal. Da fällt die Entscheidung sehr plötzlich: wir segeln nach Barbados. Das Wetter passt in den nächsten Tagen sogar ganz gut (von der Windrichtung her; kommt also nicht direkt aus 90°) und wir checken aus, nachdem wir unsere Reserven so gut es geht aufgefüllt haben: die Regale der Supermärkte in Le Marin sind häufig nur halb voll; Milch ist besonders gerne schnell vergriffen. Der Wind steht so günstig, dass wir einen Tag früher, nämlich am 21. März 2020, nach dem Frühstück lossegeln: 145 NM nach Osten, hart am Wind mit 9-18 Knoten Wind. Wir brauchen 29 Stunden und verfehlen kurz vor Ankunft Barbados nur ganz knapp, weil uns die Strömung in westliche Richtung wegdrückt. Wir motoren in die Carlisle Bay an ungefähr 10 riesigen Kreuzfahrtschiffen (u.a. mehrere AIDAs, MSCs) vorbei, werfen den Anker und entspannen uns erst mal. Es ist 16 Uhr und wir wollen erst am nächsten Tag einchecken. Es scheint, als seien sämtliche Kreuzfahrtschiffe, die zuvor an allen anderen karibischen Inseln gescheitert sind, hierher gekommen, um die Touristen nach Hause fliegen zu lassen. Jetzt liegen sie beinahe geisterhaft da und warten. An Bord sind immer mehrere hundert Crewmitglieder, die zB auf den AIDAs die Zeit nutzen, Schäden zu reparieren, sauber zu machen und die Zeit so schön wie möglich zu gestalten.
Am nächsten Tag suchen wir das Zollgebäude zum Einklarieren auf und stellen schließlich fest, dass wir falsch sind. Eine unheimlich nette Einheimische fährt uns zum Hafengelände, obwohl wir das lange Stück entlang des Princess Alice Highway (eine ganz normale zweispurige Straße) auch gelaufen wären – uns mangelt es ja eher an Bewegung. Dort angekommen verkündet man uns, dass wir mit dem Boot in den Hafen fahren müssen. Das passt uns ja gar nicht. Ich hatte davon gelesen, dass die Beamten auf Barbados es sehr ungern sehen, wenn Segler in der Bucht ankern und zum Einchecken mit dem Dingi einfach rüberfahren. Jetzt aber befürchten wir, dass wir eventuell in Quarantäne müssen, weil wir die aktuellen Bestimmungen ja nicht kennen. Wir verlassen das Hafengelände, überlegen, was wir machen sollen und rufen Chris an. Wie Geheimagenten treffen wir uns schnell auf der Brücke, wo wir unser Dingi festgemacht haben.

Dort findet die Übergabe der drei Dichtungsringenpackungen für unsere Wassermacherpumpe statt. Wenn wir nämlich in Quarantäne sollten, könnte Alex schon mal mit der Reparatur beginnen und falls später hier doch noch ein Lockdown sein sollte, haben wir wenigestens die Ersatzteile schon. Chris sagt, man rede auch auf Barbados über einen Shutdown, aber man werde sehen, wie sich die Situation ändere, denn da sei noch nichts Konkretes. Wir verabschieden uns und gehen noch schnell bei Burger King essen – man weiß ja nie, wann wir wieder dazu kommen. Wir fahren jetzt einigermaßen entspannt zurück zum Boot und mit MOCEAN ins Hafenbecken.

Dort stehen zwei Kreuzfahrtschiffe und das gesamte Becken ist überhaupt nicht für Segelboote geeignet, sondern nur für große Schiffe. Ich funke mehrmals den Hafenmeister an, wir drehen mehrmals im Becken unsere Runden – nichts passiert. Dann kommt die Küstenwache und bringt uns buchstäblich um die Ecke. Dort legen wir in einem kleinen Hafen (dort befindet sich auch die Marina) an einer niedrigen Mauer an und müssen warten. Wenig später kommen drei Beamte: ein Mann von der Immigration, ein Mann vom Zoll und eine Frau vom Gesundheitsamt. Zunächst werden wir etwas rüde gefragt, woher wir kommen und was wir hier überhaupt wollen. Es heißt, wir dürfen nicht vom Boot und ich frage, ob sie uns verhungern lassen wollen. Nach einigen Minuten ändert sich die Stimmung komplett, alle sind mega freundlich und Alex darf an Land, um mit den drei Beamten in gelassener Stimmung in einem sehr engen Container die Einreiseformulare auszufüllen. Als der Zollbeamte fragt, was wir so dabei hätten (wir haben alles voller Bier und vor allem französischen Wein, was wir deklarieren müssten, weil das außerhalb von Martinique unfassbar teuer ist), antwortet Alex: „Ist doch jetzt egal, oder?“ Der Beamte überlegt kurz und nickt: „Da hast Du Recht. Unterschreib‘ hier!“ Dann sind wir drin, hissen die Flagge von Barbados und die Gesundheitsbeamtin ruft uns zu, dass wir jederzeit an Land können, während sie uns einen Zettel der Heath Authority in die Hand drückt, falls die Coast Guard fragt. Wir ankern an exakt der selben Stelle wie zuvor im glasklaren Wasser. Barbados hat unglaublich schönes Wasser, was ich nie geglaubt hätte. Es leuchtet regelrecht und es ist immer wieder ein Erlebnis, mit dem Dingi in die Stadt zu fahren: es ist so klar, dass wier den Meeresgrund sehen können. Wir können schwimmen, an den Strand, in die Bars. Wir atmen tief durch. Der Ankerplatz ist, wie erwartet, sehr unruhig. Manchmal wird mir vom Geschaukel schlecht. Wenn’s mich besonders nervt, schwimme ich schnell an Land und setze mich an den blendend-weißen feinen Sandstrand. Da die Touristen abgereist sind, sind die Strände und Bars relativ leer – die Locals genießen diese Ruhe.
Bridgetown bietet leider nicht viel. Jeden zweiten Tag drehen wir unsere große Runde zu Fuß und haben beinahe jeden Winkel abgelaufen. Der größere Supermarkt erfüllt nicht unsere Wünsche (es gibt im Grunde nur Konserven); Obst, Gemüse und Eier bekommen wir auf dem Markt. Vor lauter Langeweile gucken wir uns Bauruinen an: ein altes Krankenhausgelände weckt unser Interesse. Eine Woche später tritt eine Ausgangssperre in Kraft: von 6 Uhr abends bis 6 Uhr morgens. Das stört uns nicht und wir denken schon, dass es sich damit hat. Dann aber erhält Barbados „unerwartet“ 100 Mio $ an eine Stiftung, deren Vorstand die Premierministerin des Landes ist – ein Schelm, wer Böses dabei denkt – und der Lockdown samt ganztäglicher Ausgangssperre tritt ab dem 6. April in Kraft. Jetzt dürfen wir auch hier nur noch für das Nötigste raus.
Der Obst & Gemüsemarkt ist zu, die Supermärkte sind bis und über Ostern geschlossen und sind danach auch erst mal nicht wieder offen. Die Supermärkte liefern nur auf Bestellung (blöd für Segler). Lediglich Fisch und Brot kann man kaufen. Als die Supermärkte nach Ostern tatsächlich nicht mehr öffnen, schreibe ich die Premierministerin an, wie sie sich das vorstelle; insbesondere Obst und Gemüse sei ja wohl bei sämtlichen Erkältungskrankheiten eher förderlich und die Supermarktsituation sei für uns Segler eher hinderlich. Zwei Tage später kann man wieder Obst und Gemüse kaufen, aber die Supermarktsituation hat sich kaum gebessert: jetzt muss man am Eingang einen Einkaufszettel abgeben und so lange warten, bis das Personal alles zusammengesucht hat. Das ist unerträglich: es entstehen elendig lange Schlangen (der Mindestabstand muss ja auch noch eingehalten werden). Für Obst und Gemüse stehen wir über eine Stunde in praller Sonne an – wenn da jetzt einer umfallen würde wegen eines Hitzeschocks und er zufällig den SARS-CoV2-Virus in sich trüge, würde er als Coronatodesopfer zählen. Als wir dran sind ist die Auswahl gering: wir ergattern die letzten vier Äpfel und die letzten zwei Orangen, und Möhren kosten jetzt pro Stück (!) 3 US$. „Ist momentan schwer zu bekommen.“ erklärt die junge Dame, als sie mein entsetztes Gesicht sieht.
Die Küstenwache fährt zweimal täglich (vormittags und nachmittags) die Carlisle Bay ab und kontrolliert, ob sich auch ja alle vom Strand fernhalten. Deswegen waren wir eigentlich aus Martinique geflohen: wir brauchen Bewegung, und zwar gerne an Land. Schwimmen dürfen wir aber noch und so schnorcheln wir die Wracks ab, die in der Carlisle Bay herumliegen. Das ist ein tolles Erlebnis, insbesondere weil es hier bestimmt schon seit Ewigkeiten nicht mehr so leer war und man die Wracks für sich allein hat. Die Sergeant Major scheinen gefüttert worden zu sein, denn sie sind dermaßen zutraulich, wie ich es noch nie erlebt habe: in einem riesigen Schwarm schwimmen sie um uns herum und wenn man schnell genug ist, kann man sie sogar berühren.
Wir lernen Giles kennen, einen Franzosen, der während des Lockdowns über den Atlantik kam. Er weiß noch nicht weiter, denn er wollte ursprünglich in den Pazifik. Außerdem kommt John öfter vorbei, ein ehemaliger Taxifahrer aus UK, der hier ebenfalls festhängt. Unser Plan, nach Dominica zu segeln, geht nicht mehr auf, weil inzwischen auch Dominica die Grenzen komplett dicht gemacht hat. Auf keine einzige Insel kommen wir, bis auf eine: St. Vincent und die Grenadinen. Es ist der einzige Inselstaat, der die Grenze nicht geschlossen hat und ich recherchiere, dass nur Reisende aus bestimmten Ländern (Festland, vor allem China, Italien, Iran, Deutschland, Frankreich, USA) in eine 14tägige Quarantäne müssen. Ich schreibe das Tourismusministerium von SVG an und frage nach. Ja, wir könnten kommen, die Grenze sei geöffnet. Zu dumm, dass ich nicht noch genauer nachgefragt habe…
In Frankreich ist es jetzt soweit, dass sich die Menschen gegenseitig verpetzen, sobald der Nachbar draußen gesehen wird, erzählt uns Giles. Es erinnert mich an die STASI in der DDR und mir wird schlecht. Auch in Deutschland hört man von Aufrufen, dass die Bürger „zur gegenseitigen Corona-Überwachung“ aufgefordert werden – selbstverständlich nur aus Sorge um die Gesundheit. Wenn das mal nicht zu einer Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas führt. Die jungen, sportlichen Franzosen gehen nachts auf die Berge, weil sie dringend Bewegung brauchen, es aber tagsüber verboten ist und die Berge abgesperrt sind. Das Risiko einer Verletzung steigt damit dramatisch, aber was sollen sie machen? Französisch Polynesien ist jetzt für 6 Monate komplett dicht. Auf Antigua&Barbuda darf niemand vor die Haustür, nur eine Person pro Haushalt zum Einkaufen, Apotheken- oder Doktorbesuch. Auch beim Autofahren (allein!) muss der Fahrer zwingend eine Maske tragen. Auf anderen Inseln wie zB St. Lucia oder Curaçao sind die großen Supermärkte geschlossen; nur einige wenige kleine Minimärkte (das sind im Grunde Kiosks) dürfen zu bestimmten Uhrzeiten geöffnet sein. Und wir haben einen neuen Haus… äh… Bootsfisch: nach unserer Ankunft in Bequia im Dezember 2019 hat sich ein kleiner Fisch in unserem Saildrive der Steuerbordseite gemütlich gemacht, ist von Anfang an mit dem Bauch nach oben geschwommen (ich wusste gar nicht, dass das geht). Bis zum Haul-out auf Martinique (!!!) ist er bei uns geblieben. Den Haul-out hat er nicht überlebt, armer Bob. Jetzt auf Barbados haben wir einen Nachmieter: Sam – einen kleinen Sergeant Major, der sich zu uns verirrt hat.
Ich schwimme immer an Land, wenn die Küstenwache gerade ihre Runde nicht fährt; so halten es auch die Locals, denn die treffe ich am Strand und wir grüßen uns freundlich, wenn sie ihre verbotene Joggingrunde laufen.
Zwischen 16 und 17 Uhr ist wieder niemand am Strand zu sehen. Da die Nahrungsbeschaffung schwieriger geworden ist, befürchten wir Übergriffe – was sollen die Ärmsten der Bevölkerung denn machen, wenn sie Hunger haben? Das Touristengeschäft bleibt aus: was machen Souvenirverkäufer, Fischhändler usw? Auch die Polizei vor Ort ist besorgt. Ein Kreuzfahrtschiff nach dem anderen verlässt uns. Wohin? Wir wissen es nicht – manchmal kommen sie wieder, manchmal nicht. Aber immer, wenn ein Kreuzfahrtschiff die Runde verlässt, ertönt von jedem anderen Schiff ein dreimaliges Hupen zum Abschied. Das tiefe Hupkonzert in der Stille erzeugt eine Gänsehaut. Es ist schon deshalb traurig, weil nicht abzusehen ist, was überhaupt aus der Kreuzschifffahrtbranche wird. Wird sie die Krise überstehen oder ist es gewollt, dass die Branche nicht mehr existiert – des Klimas wegen natürlich?

Neben uns herrscht Aufregung: ein Katamaran, der schon die ganze Zeit von der Coast Guard beobachtet wurde, wird abgeführt. Vier Soldaten stehen auf dem Boot und sie müssen ins Hafenbecken – angeblich wegen Drogen (Gras). Wenig später tauchen sie wieder auf, aber ein Crewmitglied fehlt.
Nachdem sich die Lage auf Barbados vorerst nicht bessert, warten wir ein gutes Wetterfenster ab, klarieren am 13. April aus und segeln wieder nach Westen, zu den Grenadinen.
Martinique (Le Marin-Fort de France-Trois Îlets-Le Marin) = 48 NM; Martinique -> Barbados = 145 NM
NM insgesamt: 7.015 NM