So ein HumBUG: von Baumwanzen, Asbest und anderen Unwägbarkeiten auf der Langzeitreise ODER: Wenn Asphalt zu Wasser wird…

Eigentlich wollten wir ja ganz woanders langfahren. Eigentlich. Aber erstens kommt es immer anders, und zweitens als man denkt.

Über China und Thailand…

Ursprünglich wollten wir von der Mongolei aus über China nach Thailand. Den Guide und die Kosten für die Chinadurchquerung hätten wir gerne in Kauf genommen für ein Ziel wie Thailand, das für uns Freiheit, Traum vom Freistehen am Strand bedeutet hat. Ob das so stimmt, wissen wir nicht. Von da aus sollte es durch Südostasien über Laos, Kambodscha, Vietnam nach Singapur und von dort per Schiff nach Australien gehen. Dann habe ich herausgefunden, dass wir in Vietnam gar nicht Autofahren dürfen, fiel also raus. Es gibt Leute, die sich da durchschummeln, aber bei unserem Glück werden wir mit Sicherheit erwischt. Blieben ja noch die anderen Länder. Dann hat Thailand 2016/2017 die Schotten dicht gemacht, und zwar ziemlich radikal: zunächst war sämtlichen Fahrzeugen die Einreise nach Thailand verwehrt und eine Guidepflicht wurde eingeführt. Für die, die gerade vor der thailändischen Grenze standen, hatte das gravierende Folgen. Inzwischen hat Thailand die Regeln wieder etwas gelockert, aber für Fahrzeuge über 3,5 t besteht derzeit weiterhin keine Möglichkeit, das Land überhaupt zu befahren. Hoffentlich ändert sich das wieder und Thailand lockert weiterhin die harte Regelung. Nach all diesen Veränderungen haben wir beschlossen, die Nordroute zu wählen: über Wladiwostok.

…dann eben Südkorea und Japan….

Dann kam uns der Gedanke, dass es doch schön sei, nach Südkorea oder Japan und erst danach nach Australien zu verschiffen. Aber unser Agent für die Verschiffung Yuriy Melnikov (email: ymelnik@links-ltd.com) aus Wladiwostok wies uns darauf hin, dass wir als Deutsche weder in Südkorea noch in Japan mit dem eigenen Fahrzeug fahren dürften. Er begründete dies mit der „Driver‘s license“. Nach viel Recherche stellte sich jedoch heraus, dass Deutschland die Konvention von 1949 nicht gegengezeichnet hat und wir deshalb ein in Deutschland zugelassenes Fahrzeug nicht in Südkorea und nicht in Japan fahren dürfen. Darauf muss man erst mal kommen! Für Japan habe ich dann noch ein Schlupfloch entdeckt: dort könnten wir sehr wohl mit dem eigenen Auto fahren, müssten jedoch den Benz in Japan zulassen. Das bedeutet, dass er, ähnlich wie in Deutschland, eine Art „TÜV“ durchlaufen muss mit Emissionsprüfungen usw. Wir haben keine Ahnung, was das kostet und ob unser Benz dort überhaupt zugelassen würde, weil wir die – möglicherweise strengen – japanischen Zulassungsvoraussetzungen nicht kennen. Alles derart vage, dass wir Südkorea und Japan also außer Acht ließen. 

…dann eben direkt nach Australien!

Nun sollte es auf direktem Weg nach Australien gehen. Wir freuten uns auf Sonne, Klettern in den Bergen, Schorcheln und Tauchen im Meer, auf den Besuch bei Lutz&Ines. Doch dann erreichte uns eine Nachricht, dass in Australien derzeit ein Auge auf Asbest in Fahrzeugen geworfen würde (an dieser Stelle tausend Dank an Leander von Akela). Die Regelung, dass die Einfuhr von Asbest verboten ist, gibt es schon seit 2003, aber man hat das nie soooo eng gesehen…. bis im Jahr 2017 die Australier selber ziemliche viele PKW eingeführt haben, Oldtimer, und der australische Zoll bei einer Vielzahl davon auf Asbest stieß. Seitdem ist das Thema sehr hoch aufgehängt, jedes alte Fahrzeug wird genauestens unter die Lupe genommen. Auch 2018 noch. Mit Baujahr 1987 gehört unser Benz in die Kategorie „alt“. Da Mercedes Benz uns auf Nachfrage die Asbestfreiheit unseres Gefährts nicht bestätigen konnte, wollten wir es gar nicht erst mit Australien versuchen. Bei Verschiffungskosten von ca. 10.000€ (one way, trotz Wladiwostok!) überlegt man es sich zweimal, ob man riskiert, abgewiesen zu werden, um nochmal 10.000€ Verschiffung nach XY zu zahlen plus den Gutachter, weil wir ja nicht wissen, ob im Benz Asbest verbaut wurde, plus eventuelle Strafe, weil wir versucht haben, ein „Asbest-verseuchtes“ Auto einzuführen. Es gibt die Möglichkeit, die Asbest-Teile auszutauschen, aber dafür waren wir leider am falschen Ort. Weder in der Mongolei noch in Russland sahen wir die Möglichkeit, den Benz entsprechend umzurüsten, denn es braucht vor allem Zeit, die wir aufgrund der Visaproblematik gar nicht hatten. Menno!

Zu all dem bekam ich von Seabridge (Verschiffungsunternehmen) die Mitteilung, dass die Australier gerade Angst vor der Marmorierten Baumwanze (Brown Marmorated Stink Bug) hätten und davon Lieferungen aus u.a. Deutschland und Russland betroffen wären. Fahrzeuge müssten begast werden, bevor die den Weg nach Australien antreten. Da man in Deutschland Schwierigkeiten damit hätte, hat Seabridge sämtliche Verschiffungen bis Ende April 2019 suspendiert. Ach Du meine Güte. Da wir uns nicht vorstellen konnten, dass Russland dem mehr gewachsen sein soll als Deutschland und fraglich war, ob wir mit der Verschiffung über Südkorea etwas schummeln könnten (die Verschiffung nach Australien geht immer über Südkorea), war also auch aus diesem Grund Australien für uns in weite Ferne gerückt. So unendlich schade, denn unsere Freunde in Sydney hatten bereits den Kaffee aufgesetzt. 

[Nachtrag vom 21.11.2018: Wir haben gerade erfahren, dass Reisende mit einem 1992er Unimog-Expeditionsmobil die australischen Hürden gemeistert haben: sie wurden nicht nach Asbest gefragt, Begasung wegen der Baumwanze kostete 800 AUD (~ 500€), für die Nachreinigung haben sie 299 AUD bezahlen müssen]

Ok, aber es gibt ja noch:

Plan D, Plan E….Z?

Eine mögliche Option von Wladiwostok wäre USA/Kanada gewesen, vielleicht sogar Afrika, aber mit dem nur 4-wöchigen Russland-Visum eine Herausforderung, mal eben zu koordinieren. So entschieden wir nach der Mongolei, unseren Kurs zu ändern, um den Benz von Deutschland aus zu verschiffen. Afrika fand bei Alex als Reiseziel leider schon immer wenig Anklang, daher hatte ich mit der amerikanischen Versicherung vorsichtshalber vorab schon mal abgeklärt, dass unser Benz auf jeden Fall in Kanada, USA und Mexiko versicherbar ist und so stand schon fast der Plan, den Benz im Frühjahr 2019 nach Halifax, Kanada zu verschiffen, obwohl wir da eigentlich nie hinwollten. Da Alex schon immer aufs Boot wollte (das Wohnmobil war meine Idee), wir ohnehin nach der Australien-Rundreise vorhatten, aufs Boot zu wechseln, trat plötzlich auch noch das Boot als Option auf den Plan. Auf jeden Fall wollten wir erst mal zurück Richtung Europa, um in Ruhe darüber nachzudenken, wohin denn jetzt – buchstäblich – die Reise gehen soll.

Uns schwebten also folgende Optionen im Kopf herum: 

  1. Auto nach Kanada (oder  Uruguay) verschiffen ODER
  2. Auto „Australien-fest“ umbauen und nach Australien verschiffen ODER
  3. Auto verkaufen und ab aufs Boot.

Wir schoben die Entscheidung vor uns her… Als wir dann in der Türkei durch die Marinas spazieren gingen, war Alex gar nicht mehr zu bremsen: er wollte aufs Meer. Ohnehin ist für Alex‘ Asthma und seine Allergie, die inzwischen ein unerträgliches Stadium erreicht hatten, das Leben auf dem Meer am besten. So war die Entscheidung bald gefallen: die Sache mit dem Boot wird vorgezogen und der Benz wird zum Verkauf angeboten. Von Landratten zu Seebären – wir freuen uns auf ein neues aufregendes Abenteuer.

Wir halten Euch auf dem Laufenden wie es weitergeht und hoffen, dass ihr uns auch weiterhin folgt, auch wenn wir den Untersatz wechseln.

Am Meer
100% Wohlfühltfaktor: Meer

13 Gedanken zu “So ein HumBUG: von Baumwanzen, Asbest und anderen Unwägbarkeiten auf der Langzeitreise ODER: Wenn Asphalt zu Wasser wird…

    1. Hallo,

      für uns haben sich die Überlegungen ja ohnehin erledigt. Es gibt jedoch Reisende, die von einem „John Goodman“ berichten, der Fahrzeugreisende über die thailändische Grenze bringt. Anja und Peter zB wollen so mit ihrem Steyr nach Thailand: https://jumbo-on-tour.de. Es scheint also Möglichkeiten zu geben…, kostet dann eben.

      Viele Grüße
      Nicole

      Like

  1. Hi Nicole und Alex,

    herzlichen Glückwunsch zu euerer Entscheidung! Der Wasserweg ist sicher eine richtig gute Option um Australien zu erreichen.

    Mich als alten Segler interessiert natürlich brennend, was es für ein Schiff wird…..?

    Wenn Ihr auf der Heimreise nach Deutschland in der Nähe von München vorbei kommt, dann schaut doch vorbei bei uns: Auf einen Kaffee, zum Übernachten, auf ein Abendessen, auf einen gemütlichen Ratsch. Wir würden uns freuen!

    Viele Grüße
    Helmut

    Like

    1. Hallo Helmut,

      wir freuen uns, wieder von Dir zu hören/lesen 😁! Die Entscheidung ist wohl überlegt und auch wir denken, dass es das Richtige für uns ist. Dein Angebot nehmen wir natürlich sehr gerne an, soweit es zeitlich bei allen passt. Melden uns, wenn wir in Deutschland sind. Zum Thema schreibe ich Dir privat, weil: noch ist es ja nicht ganz unseres….

      Liebe Grüße, lass es Dir gut gehen,
      Nicole

      Like

  2. Hallo Ihr beiden!

    Was
    Für eine Wendung. Bzgl. Australien entwickelt sich bei uns eine ähnliche Meinung. Dauernt verschärfte Bedingungen, da vergeht uns auch gerade die Lust. Aber Afrikas Tierwelt und Südamerika locken und da sehen wir nach vielen Berichte noch die gesuchte Freiheit. Bevor ich den Wagen bekaufen würde, würde ich dies kritisch überlegen, denn so schnell werdet Ihr an so einen Wagen nicht mehr rankommen. Aber wenn zwei Träume sich kreuzen. Patagonien ind Chile sollten aber auch für Euch da richtige Klima aufweisen. Wir denken auch darüber nach Südamerika oder Afrika nun anzustreben. Kanada und USA kann man noch mit 80 Jahren anhehen :). Meldet Euch wenn Ihr in der Nöhe seit.
    Würden uns über einen gemeinsamen Kaffee oder mehr freuen. Noch eine gute Heimfahrt.

    Like

    1. Hallo Dirk,

      vielen Dank für Deinen Kommentar! Australien war ja schon immer ein „schwieriger Kandidat“ und wir hatten gehofft, durch das „Overlanding“ wenigstens etwas Geld zu sparen; ein Irrtum. Und für die Verschiffungskosten kann man sich eher überlegen, ein Wohnmobil vor Ort zu kaufen und später wieder zu verkaufen; das wäre noch finanziell im Rahmen. Na ja, aber der Gedanke war schön :).

      Wir haben sehr lange darüber diskutiert, ob wir den Benz verkaufen sollen. Ich war erst dagegen, weil es mich ja schließlich auch jede Menge Arbeit und Nerven gekostet hat und ich wenigstens noch Südamerika gerne gemacht hätte. Aber manchmal ist es einfach Zeit für ein Wechsel und wir merken gerade wieder, dass es uns am Meer so richtig gut geht. Wir werden auch hier gute und schlechte Erfahrungen sammeln, mögen die guten überwiegen :). Vielleicht behalten wir den Benz auch, falls es uns auf dem Wasser mal zu langweilig wird und uns das Land fehlt; wer weiß. Wenn er gekauft wird, ist gut, wenn nicht, auch nicht schlimm.

      Wir melden uns, wenn wir in der Nähe sein sollten.

      Liebe Grüße
      Nicole

      Like

  3. Hallo ihr beiden,
    ich verfolge schon seit Längerem sporadisch, was ihr so treibt. Da baut ihr den ersten LKW mit unendlich viel Sorgfalt auf … dann beim Zweiten noch mal bei komplett Null angefangen. Ärger mit dem Ausbauer, dann alles in Eigenregie organisiert und den LKW absolut perfekt ausgebaut. So sehr dieses Ausbauen auch erfreuen kann (ich habe es gerade fast hinter mir) so unendlich kann es auch aufs Gemüt schlagen, wochenlang in kalten Hallen zu werkeln und keine richtige Bleibe zu haben. Dann fahrt ihr endlich los. Eure Reise scheint super zu laufen … immer wieder fröhliche Berichte.

    Und jetzt wechselt ihr aufs Boot. Ich fasse es nicht. Und gleichzeitig denke ich: ertappt … irgendwas in mir schielt (nach zwei Jahren Aufbauzeit, der LKW ist jetzt fast perfekt und ich habe noch keine vernünftige Reise damit gemacht) schon nach dem nächsten Projekt.

    Das Leben ist stetige Veränderung. Loslassen und sich immer wieder komplett neu erfinden die Königsdisziplin.

    Glück auf! Ich wünsche euch gutes Gelingen beim Wechsel aufs Wasser.

    Grüsse
    Michael

    P.S. Der Fakt, dass ihr mit dem Fahrzeug beinahe bewegungsunfähig bezüglich der Einreise in die genannten Länder seid, macht mich – in Bezug auf unsere Planung – doch sehr nachdenklich.

    Like

    1. Hallo Michael,

      Du hast das wunderbar ausgedrückt und dem ist kaum etwas hinzuzufügen: „Das Leben ist stetige Veränderung. Loslassen und sich immer wieder komplett neu erfinden die Königsdisziplin.“

      Das Wasser hat uns (insbesondere Alex) schon immer gelockt und war ohnehin nur eine Frage der Zeit, bis wir wechseln.

      Zum Punkt „Unbeweglichkeit“: wie ich Dieter bereits geschrieben haben, ist das nur eine Momentaufnahme. Die Welt ist stetig im Wandel und was heute gilt, mag morgen schon ganz anders aussehen. Von daher muss man das relativ sehen. Mir ging es darum zu zeigen, dass man auf Langzeitreisen ständig flexibel sein muss. Dann muss man eben umdisponieren und nach Optionen schauen. Gibt ja genug Kontinente zum Austoben und ob eine Verschiffung nach Australien finanziell sinnvoll ist, mag dahinstehen. Für uns war es das nicht.

      Jedenfalls danke für Deine Wünsche; wir werden berichten :).

      Viele Grüße
      Nicole

      Like

    1. Hallo Dieter,

      das ist ja nur eine Momentaufnahme und ändert sich ständig. Ich/wir wollte(n) lediglich von unseren Erfahrungen berichten und dass man flexibel sein muss. Es gäbe ja noch genügend Alternativen und Australien ist ja nicht gleich aus dem Rennen. Man muss sich nur gut überlegen, ob die Kosten, die anfallen, es wert sind. Da zB die Verschiffung nach Australien von Wladiwostok aus nicht wesentlich günstiger war, als von Hamburg (wovon wir ausgegangen sind, weil näher dran), haben wir einfach beschlossen, dass uns das sowohl finanziell als auch vom Reinigungsaufwand usw. einfach nicht wert ist. Außerdem gibt es ja noch Afrika, Nord- und Südamerika…., also genug zu tun 😉

      Liebe Grüße
      Nicole

      Like

  4. Hallo Ihr Beiden,
    auch wir hatten einmal den Traum von einem Segelboot, alleine auf dem Meer und keiner der einem nervt. Grenzenlose Freiheit dachten wir. Nun trafen wir Freunde auf der Isola San Pietro (Sardinien) und aus der Traum. Da sind zum einen die hohen Kosten, pro Jahr ca. 10% Unterhaltskosten vom Anschaffungspreis, und zum anderen haben uns die Beiden ganz schnell klargemacht, dass es diese Romantik aus unseren Träumen nur ganz selten gibt. Irgendwas ist immer zu tun, und faul an Deck liegen und chillen ist nur sehr selten möglich. Mann/Frau muß immer die Wellen, die Strömung den Wind und das Wetter im Auge haben um nicht in unvorhersehbare Schwierigkeiten zu kommen. Marinas sind sehr teuer, und laut, wie wir gerade selbst erleben. Einfach mal Ankern ist nicht, auch hier muß sehr viel beachtet werden. Kuschelsegler gibt es leider auch, die dann Ihre Ankerleine mal eben über deine werfen, egal ob Strömung oder Wind, dann knallen die Boote zusammen und du bist schuld.
    Nichts desto trotz wollen unsere Bekannten Ihren Segler (Stahlboot) verkaufen. Wenn Ihr Interesse habt schreibt mir eine kurze Mail.
    Herzliche Grüße von der Isola San Pietro vom Jumbo Team

    Like

    1. Hallo Peter,

      vielen Dank für Deinen Kommentar und die kleine Warnung vor den Unwegsamkeiten, die uns erwarten. Ich bin überzeugt, dass die von Dir aufgezeigten Punkte für die meisten Orte dieser Welt – auf Land und zu Wasser – gelten. Uns ist durchaus bewusst, dass wir uns ins nächste Abenteuer stürzen. Das macht das Leben ja auch aus.

      Vielen Dank für den Tipp bzgl. des Bootes. Ich beschäftige mich ja schon sehr lange mit der Idee auf einem Boot zu leben und deshalb stand der Bootstyp bereits fest. Wir haben gerade den Kaufvertrag unterschrieben.

      Viele Grüße
      Alex

      Like

Gib Deinen Senf dazu, Feedback ist uns wichtig!

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..