Kasachstan: von Almaty nach Astana

Nach der kasachisch-kirgisischen Grenze steuern wir Almaty an und müssen zum Flughafen. Can und Esila kommen uns besuchen und werden uns bis Astana begleiten. Auf dem Weg werden wir von der Polizei durch Winken darauf aufmerksam gemacht, dass wir das Licht einschalten müssen. In Kirgisistan wären wir deswegen schon wieder zur Kasse gebeten worden, nicht so in Kasachstan.

Zunächst wollen wir ins Migrationsamt, um die kasachischen Einreisestempel in unsere Zweitpässe umstempeln zu lassen, damit wir die Erstpässe für die nächsten Russlandvisa zurück nach Deutschland schicken können: Riesenproblem! Das ginge dort nicht, wir müssten zum Flughafen. Am Flughafen ist es noch schlimmer, da anderer Zuständigkeitsbereich. Außerdem gibt es dort gar keine Stempel für die Fahrzeugeinreise, wir müssten also nach Kirgisistan aus- und wieder einreisen – das ist uns zu umständlich. Nach einer halben Stunde im Migrationsamt und einer weiteren halben Stunde am Flughafen sind wir keinen Schritt weiter, wissen aber, dass wir erst aus Kasachstan ausreisen und die Pässe nun von Russland aus wegschicken werden.

Neue Passbilder in Almaty
Etwas anders als erwartet: neue Passbilder in Almaty

Beim Migrationsamt sehen wir einen Fotoshop. Wir haben keinerlei Passfotos mehr und entscheiden spontan, ein paar Passbilder für die nächsten Visa machen zu lassen. Das Prozedere ist ein bisschen wie in China: mit einer einfachen Digitalkamera wird vor weißem Hintergrund ein Foto gemacht, bearbeitet und plötzlich sieht man sich im anderen Dress auf den Passbildern wieder: ich habe plötzlich einen schwarzen Anzug und eine weiße Bluse mit weißem Hemd an; Alex einen Anzug mit Krawatte. Das ganze kostet 5€ für 10 Bilder, aber keine Ahnung, ob die den strengen Vorgaben für Visa standhalten.

Da es in Almaty gerade sehr heiß ist (um die 40 Grad), macht das Herumlaufen wenig Spaß. Almaty ist die größte Stadt Kasachstans und liegt im Süden schön am Nordfuß des nördlichsten Gebirgszugs des Tian Shan – Transili-Alatau. Im Norden Almatys fängt die Steppenlandschaft bereits an. Der Kontrast ist verrückt. Die Bergketten sind von der Stadt aus beinahe überall zu sehen. Auf uns wirkt Almaty leider wenig attraktiv; außerdem brauchen wir dringend eine Abkühlung, so verlassen wir Almaty, um mal kurz 35 km in die Berge zum Big Almaty Lake zu fahren. Über eine eng gewundene Straße geht es höher und höher auf 2.500 hm. Die erhoffte Abkühlung bekommen wir, denn jetzt frieren wir bei 15 Grad. Im Regen laufen wir zum See. Leider hält der See nicht, was wir uns erhofft haben:

Das Wasser hat sich zurückgezogen, aber schön liegt er da in den Bergen. Wir haben ein bisschen Pech mit dem Wetter, aber so liegt der See mystisch von Wolken umhüllt im Grünen. Viel machen kann man nicht. Aber um uns herum wuseln ein paar Murmeltiere. Nach ein paar Minuten zu Fuß sind wir klatschnass und ziehen uns zurück.

Es geht 250 km weiter zum Moon-Canyon in der Nähe des Charyn Canyon. Das besondere sind die hellen Lehmwände des Canyons links und rechts. Wir bleiben eine Nacht, machen ein Lagerfeuer und genießen die Ruhe.

Es geht gute 100 km nach Süden zum Kaindy Lake. Die Piste zum See ist sehr schmal und teilweise auch sehr steil, eine kleine Herausforderung für den Benz. Wir meistern die Wasserdurchfahrt mit mulmigem Gefühl, aber vor der nächsten Brücke bleiben wir stehen: sie ist nur für PKW und die Wasserdurchfahrt nicht vertrauenswürdig. Ich weigere mich, da durchzufahren, denn das Flussbett sieht sehr sandig aus, für mich zu wenig große Steine. Wir entscheiden hier zu bleiben und mitten im Flussbett auf einer Insel zu parken, am nächsten Tag unternehmen wir eine Wanderung zum Kaindy Lake.

Es handelt sich um einen in 1.867 hm befindlichen Bergsee an der Nordflanke des Kungej-Alataus. Er ist durch einen Erdrutsch, ausgelöst durch ein Erbeben, entstanden. In der Mitte des Sees befinden sich die abgestorbenen Stämme von Tian-Shan-Fichten.

Vom Kaindy Lake geht 100 km zum Charyn Canyon. Er erreicht mit um die 90 km Länge nicht die Größe des Grand Canyons in den USA, aber ist trotzdem ziemlich beeindruckend!

Dann entdecken wir auf maps.me die Singing Dune im Altyn-Emel-Nationalpark. Eine singende Düne? Das klingt so toll, dass wir hin müssen. Also 280 km in einem großen Bogen nach Osten zum Nationalpark im Norden. Vor einem Schlagbaum müssen wir halten: Wo unsere Eintrittskarten seien? Wir sind davon ausgegangen, diese im Nationalpark kaufen zu können, aber nein, wir müssen zurück nach Basshi und Karten kaufen. Zur Singing Dune können wir aber dann trotzdem nicht mehr, es gibt da nämlich Öffnungszeiten. Jedoch gibt es die Möglichkeit vor der Singing Dune in einem Camp zu übernachten. Und das tun wir dann auch. Am nächstem Tag fahren wir die paar km zur Düne, parken auf dem ausgewiesenen Parkplatz (daran sollte man sich halten, wenn man nicht steckenbleiben will) und rauf auf die Düne. Es ist brennend heiß und wir halten es nicht lange aus. Während wir auf der Düne sind, hören wir ein tiefes Brummen, wie von einem alten Bomber. Die Geräusche werden vom Wind erzeugt, aber ob das von der Düne kommt oder von den umliegenden Bergen, wissen wir nicht. Nachdem wir die Spitze erreicht haben, rennen wir im weichen Sand der Düne runter und haben mega Durst.

Über unglaublich schlechte Pisten/Straßen geht es in mehreren Etappen 580 km zum Lake Alakol, einer der schönsten Seen Kasachstans (im Südosten).

Leicht gesalzen und sehr groß, nur eben doof zu erreichen über die sehr schlechten Straßen. Von den Querrillen, die alle 7-10 m auftauchen und das Fahrzeug ständig zum Schaukeln bringen, bin ich irgendwann (nach Stunden) so genervt, dass ich das Lenkrad freiwillig an Alex weitergebe. Der Asphalt ist zum großen Teil weggebrochen und von den vielen tiefen Löchern will ich gar nicht erst anfangen. Ach, oder doch! Hier ein paar Kostproben:

Unser Auspuff hängt komisch da. Alex guckt unters Auto. Wegen des ganzen Gerüttels hat sich die Halterung des Endschalldämpfers gelöst und ist aus der Gummihalterung gerutscht. Dadurch ist dann die vordere Halteschelle gebrochen und aufgebogen. Alex kann aber alles wieder befestigen und die vordere, gebrochene Halteschelle provisorisch zusammenbiegen. Alle anderen Schrauben sind glücklicherweise fest. Sonst hat dem Gewackel alles standgehalten, bis auf die Plastik-Schließwinkel unserer Schubladen. Da mussten einige dran glauben. Gott sei dank haben wir genügend Ersatz an Bord.

Als wir am nächsten Tag losfahren, fahren wir uns prompt im Kies fest. Mit ein bisschen Buddelei und Hilfe durch unsere Sandbleche kommen wir spielend frei, macht jedoch Schaulustige auf uns aufmerksam, weil wir ausgerechnet mit einem 4×4 hängenbleiben.

Das sinkende Haus
Das sinkende Haus

Über weitere schlechte Pisten, viel Steppenlandschaft und vorbei an einem beinahe versunkenen Haus im See rumpeln wir 620 km Richtung Semei. Ziel ist der Atomic Lake, Schagan See. Das klingt irgendwie verlockend und es war nur als nettes Ziel zwischendrin gedacht. Dass es so anstrengend werden würde, damit konnte keiner rechnen.

Früher muss das Gelände mal gesperrt gewesen sein, denn die Pfähle des Stacheldrahtzauns stehen noch. Der See in dem Krater entstand nach dem in 185 m Tiefe stattfindenden Kernwaffentest im Jahr 1965. Da der See angeblich immer noch radioaktiv ist, wird der See „Atomsee“ genannt. Was uns dann aber verwundert, ist, dass Angler um den See und den Fluss Schagan stehen. Uns ist das ganze dann doch ein bisschen unheimlich, daher fahren wir noch am späten Nachmittag weiter, weil man ja nie weiß, wie hoch die Radioaktivität noch ist. Wir übernachten im Sicherheitsabstand von etlichen km in der Steppe.

Über Semei und Pawlodar geht es nach schließlich Astana. Bis Semei bleibt die Straße schlecht, danach ist sie teilweise auf neuem Asphalt befahrbar. „Astana“ ist witzigerweise das kasachische Wort für „Hauptstadt“ – wie passend! Bis 1997 war ja noch Almaty Kasachstans Hauptstadt. Angeblich hat man diesen Namen (Astana) gewählt, weil er politisch und historisch unbelastet ist. Astana liegt in einer Steppenlandschaft im Nirgendwo. Ganz plötzlich tauchen da vor der Windschutzscheibe die ersten Hochhäuser auf. Und zwar wirklich plötzlich, weil es davor nicht viele Ortschaften gibt. Uns gefällt Astana allein schon vom Durchfahren her! Die Architektur ist beeindruckend und farbenfroh. Und es gibt so viele beeindruckende Gebäude, dass man tagelang staunend durch die Hauptstadt laufen kann.

Unter anderem gehen wir auf den Astana-Turm, dem Bajterek-Tower, der einen mythologischen Lebensbaum symbolisiert. Eintritt kostet 700 Tenge für Erwachsene, 300 Tenge für Kinder. Mit dem Fahrstuhl geht es direkt in die 22 m im Durchmesser messende goldene Kugel in ca. 97 m Höhe.

Außerdem verbringen wir einen ganzen Tag in der Astana Sphere, die derzeit eine Ausstellung zu „Erneuerbaren Energien“ beherbergt.

Nach zwei Tagen Aufenthalt bringen wir Can und Esila wieder zum Flughafen und machen am nächsten Tag einen Reifenwechsel bei Unityre. Die Vorabbestellung von Kirgisistan aus hat super funktioniert und so warten die neuen Schuhe auf den Benz. Wir wechseln nach nur knapp 35.000 km von Continental HCS auf Michelin XZL; allein vor Angst vor den mongolischen Straßen. Die „alten“ Reifen lassen wir vor Ort.

Es geht jetzt Richtung kasachisch-russische Grenze zum nächsten Länderwechsel.


4 Gedanken zu “Kasachstan: von Almaty nach Astana

  1. Nicole & Alex, jetzt hab ich es wieder gefunden, manchmal bin ich zu zerstreut.-
    Habe gerade gelesen Baku – Aqtau. Und auch gelesen mit den 2 Manat in Baku / Parkplatz, fand ich lustig, wir standen auch da, neben der Riesenbaustelle LOTUS – Blume, was ein hochmodernes Shoppingcenter wird.-
    Wir standen aber gleich 3 Tg + 3 Nä dort, dachte, wir müssen noch mal bezahlen, wenn wir rausfahren, aber nichts! – Der Platz war auch gut besucht, das Riesenrad nicht so doll. – Nach dem Schiff –>> Aqtau / KZ habe ich mich auch erkundigt, aber als ich rechnete 700 – 800 $ haben wir den Gedanken verworfen, war auch von Anfang an gar nicht geplant.-
    Wo habt Ihr Eure Registrierung gemacht? Leicht zu finden? – Wir sind von Georgien gekommen, erste Stadt in AZ war Balakan, da wußte ich von einem Bekannten, wo das Büro ist.- Meine Bekannte ist von Almaty, eigentlich von Alma Ata, sie ist geboren in der UdSSR.

    Werde noch etwas weiterlesen, sehr interessant.

    Im Dez ’18 fliege ich nach Alaska für 5 Wochen – habe dort mal gearbeitet, aber nur 6 Mon, das war vor 30 Jahren. Jetzt will ich mal alles wieder sehen.-

    Kann einfach nicht zu Hause sein – wohne seit 5 Jahren in der CZ – auch labgweilig.

    Mal sehen, wie alles weitergeht. – Fahrt Ihr eigentlich immer alles zu zweit ALLEINE – kein anderes WoMo dabei?

    Übrigens, in RUS – Murmansk – Kola-Halbinsel war ich schon vor 20 Jahren, ganz alleine durch PL – LT – LV, dann rein nach RUS – Ladogasee – Onegasee – Petrozavodsk [Hauptstadt Rep. Karelia] – das war alles fantastisch.
    (Ich spreche auch gut russisch – polnisch usw.)

    Man liest sich – man hört sich . . .

    [Ptomobil – Forum = Alles 08/15 – Touristen – Gardasee – Bretagne – Mallorca – usw. etc pp. !!! Nichts für mich !]

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    1. Hallo Toni,

      unsere Registrierung haben wir in einem Hostel in der Innenstadt Bakus für 10€ erledigen lassen :).

      Zur Deiner Frage des „Alleinreisens“: Ja, wir fahren immer allein. Da sind wir unabhängig, was Ortswechsel und Ziele betrifft. Und das macht auch das Abenteuer aus :).

      Viel Spaß in Alaska (ist das nicht ein bisschen kalt dort im Winter? :D),
      Nicole

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  2. Hallo, Ihr Zwei, interessante Berichte kann ich hier lesen, vielen Dank.
    Letztes Jahr bin ich zu Bekannten geflogen nach Almaty, von dort aus weiter nach Kirgistan mit der „Marschrutka“, nach Cholpon Ata, an den Yssykköl – See. – Warum ich an Eurem Bericht so interessiert bin, ist, weil ich nächstes Jahr eine ähnliche Reise mit meinem VI-Wohnmobil [ohne Allrad – ohne Differential – Frontantrieb = Ducato], 4,5 to zgg. – Was ich an Euren Berichten schmerzlich vermisse, ssind fehlende Info’s zu Nachtplätzen, Straßenzuständen – kurzum: Alles das, was jemand bräuchte und gerne lesen würde, wenn er diese Länder bereisen möchte, also im gewissen Sinne „nachfahren“ möchte.

    Von Eurem Disaster mit dem FUSO-Woelcke habe ich auch alles gelesen, auch die dazugehörige Diskussion im Forum der promobil, auch Alex‘ seine Stellungnahme dazu.-
    Äußern möchte ich mich nicht dazu, ich hatte auch genug Ärger mit Firmen, Herstellern, Aufbauern und Zulieferern.
    Die Werkstatt in Bukarest kann ich mir lebhaft vorstellen, allerdings hab ich auch schon sehr gute Erfahrungen in Rumänien gemacht.

    Danke + liebe Grüße, Tonicek

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    1. Hallo Tonicek,
      vielen Dank für Deinen Kommentar und die netten Worte. Wir können verstehen, dass Du Dich lieber nicht zu den Kommentaren auf Promobil äußern möchtest, ist manchmal sehr anstrengend🤪Aber wir nehmen das in Kauf, so wird sich vielleicht die Qualität der Firmen wieder bessern.

      Grundsätzlich wollen wir aus verschiedenen Gründen detaillierte Informationen zu Übernachtungsplätzen, Straßenzuständen, etc.?, nicht in den Blog aufnehmen. Meistens findet sich immer ein geeigneter Übernachtungsplatz; falls nicht, verwenden wir die APP iOverlander, dort tragen wir auch hin und wieder Plätze ein. Die Straßenzustände ändern sich ständig und wir können diese nicht beurteilen; viele Straßen befinden sich im Bau, in der Gobi allerdings hatten wir einiges zu tun. Wenn die Straßen richtig schlecht sind, erwähnen wir das meistens sogar mit Bildern.

      Solltest Du konkrete Fragen haben, werden wir gerne versuchen, Dir diese zu beantworten. Schreib uns einfach eine eMail an info@travelnotes360.com.

      Viele liebe Grüße

      Alex & Nicole

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