Relaxen am Yssykköl

Der im Tian-Shan-Gebirge liegende Yssykköl ist mit 162 km Länge und 60 km Breite nach dem Titicaca-See in Südamerika der zweitgrößte Bergsee der Welt und deshalb wollen wir uns viel Zeit für die Umrundung nehmen. Außerdem scheint es inzwischen warm genug, um auch mal baden zu gehen. Der Yssykköl heißt übersetzt „heißer See“, weil er im Winter selbst bei -20 Grad nicht gefriert. Der See liegt 1607 m über dem Meeresspiegel und ist endorheisch: er besitzt mehrere Zuflüsse, aber keinen Abfluss, weshalb der Wasserspiegel stark schwankt. Der Yssykköl hat einen leichten Salzgehalt von ca. 6g/l (zum Vergleich: Süßwasser – ca. 1,3g/l)

Nachdem wir es nicht über die Bergkette des Terskej-Alatau im Süden geschafft haben, fahren wir nun am 24. Juni 2018 doch ganz langweilig über Balykchyk, einem großen Ort am westlichen Ende des Yssykköl. Das hat zumindest einen großen Vorteil: Wir decken uns in einem Supermarkt mit Essen und Getränken ein, um dann am südlichen Ufer am Yssykköl entlangzufahren. Beim ersten Übernachtungsplatz werden wir sofort Opfer der vielen Insekten um uns herum, so dass wir nach bereits einer Nacht die Flucht ergreifen.

Wir fahren in die Nähe des Salzsees (Koordinaten 42.253043, 76.747978) und bleiben 3 km davor in einer wunderschönen Bucht davor stehen: Das Wasser ist glasklar, der Blick auf die schneebedeckten Berge der Kungej-Alatau-Gebirgskette unverbaut. Wir bleiben gleich mehrere Tage, so schön ruhig ist es hier. Nur hin und wieder fahren PKW vom oder zum Salzsee an unserem Stellplatz vorbei. Wir schnappen uns die Fahrräder und fahren mal gucken, ob der Salzsee wirklich so toll ist. Er ist kleiner als erwartet. Viele Besucher reiben sich mit dem muffigen, schwarzen Schlamm ein, lassen ihn trocknen, um diesen dann im Salzwasser abzuwaschen. Ob das wirklich so gesund ist, darüber habe ich verschiedene Meinungen gelesen: es kommt eben darauf an, wen man fragt. Der Salzgehalt ist nicht so hoch wie im Toten Meer, jedoch hoch genug, dass wir den Auftrieb beim Schwimmen merken.

Der Zugang zum Salzsee kostet Eintritt; auch wenn man ohne PKW anreist: 100 SOM/Person. Dafür, dass da eigentlich gar nichts ist, ist das schon wieder viel. Vor der Schranke gibt es ein paar Restaurants (Jurten) und wenige Übernachtungsmöglichkeiten. Es gibt sogar zwei Umkleidekabinen am See.

An einem Tag haben wir ständig wechselndes Wetter. Schließlich zieht eine Gewitterfront über den Yssykköl mit einer unglaublichen Wolkenfront. Und dann schenkt uns der Himmel auch noch zwei Regenbögen; ich muss ins 10 Grad kalte Wasser, um ein Foto schießen zu können. Die zwei Bögen kommen zustande, wenn das Sonnenlicht in den Regentropfen nicht nur einmal, sondern zweimal reflektiert wird. Die Farben des zweiten, schwächeren Regenbogens sind genau andersherum arrangiert.

Nach ein paar Tagen verlassen wir schweren Herzens unseren Strandplatz und folgen der Straße weiter Richtung Osten. Mit Stopp im „Fairy Tale Canyon“ / Skazka Canyon (Eintritt: 50 SOM/Person inklusive Auto) mit seiner farbenfrohen aus Zinnen, Wänden und Türmchen geformten Landschaft

verbringen wir zwei Nächte im Barskoon Valley. Hauptattraktion des Valleys ist der schöne Wasserfall, von dem man bereits den oberen Teil sehen kann, wenn man dem Weg ins Valley folgt. 400 hm müssen wir auf einem Fußpfad überwinden, um den oberen Teil des Wasserfalls von Nahem sehen zu können.

Der wilde Stellplatz am Fluß in der Nähe des Wasserfalls ist so schön, dass wir zwei Nächte bleiben. Außerdem wollen wir hoch zur Goldmine zum Petrov-Lake, einem Gletschersee, aber leider ist die Goldmine so weiträumig abgesperrt, dass wir noch nicht einmal in die Nähe des Sees kommen.

Stellplatz im Barskoon Valley
Stellplatz im Barskoon Valley

Die Yssykköl-Umrundung geht weiter über Karakol, einem größeren Ort am östlichen Ende des Yssykköl. Interessant ist hier unter anderem die Russisch-Orthodoxe Kirche. 1872 wurde die Kirche aus Stein gebaut, aber dann 1890 in einem Erdbeben zerstört. Die jetzige Kirche wurde aus Holz gebaut und 1895 fertiggestellt. Ab 1917 wurde das Gebäude unterschiedlich genutzt: als Damen-Sporthalle, Theater, Tanzhalle oder als Kohlelager. Seit 1991 ist das Gebäude wieder eine Kirche.

Ab Karakol wird es voll. Während es im Süden des Yssykköl nur wenige kleinere Dörfer gibt, ändert sich das Bild im Norden schlagartig.

Wassermelone als Dankeschön für die Rettung
Wassermelone als Dankeschön fürs Helfen

Ein Ort jagt den nächsten, es gibt viele Hotels, denn der Yssykköl ist ein Erholungsort für Kirgisen, Kasachen und Russen. Wir flüchten noch einmal kurz in die Berge, aber das Wetter spielt leider nicht mit. Es regnet die ganze Zeit. Und so zieht es uns wieder hinunter an den See, wo wir zufällig – trotz Nordseite – einen hübschen Strandplatz finden. Allerdings sind wir nicht die einzigen, die diesen Platz toll finden: die Kinder aus dem Ort setzen sich gerne in unsere Nähe direkt vor den Benz und beobachten uns. Und weil die Männer mit ihren Autos über den Strandsand fahren müssen, hat Alex gleich zweimal das Vergnügen, deren Fahrzeuge wieder rauszuholen. Als Dank bekommen wir ein großes Stück leckerer Wassermelone und traditionelles Essen, das besser riecht als es schmeckt.

Da der Yssykköl so hoch liegt, sind Sonnenbäder ziemlich gefährlich. Der UV-Index ist am Yssykköl sehr hoch: wir hatten Werte von 10 und drüber (hier mal Info zum UV-Index). Wir merken deutlich, dass es im Schatten so kühl ist, dass wir frieren, in der Sonne jedoch so heiß, dass wir es nicht aushalten. Und so springen wir ständig hin und her. Das Wasser ist ebenfalls recht kühl und auch, wenn die kirgisischen Kinder ewig herumplanschen könne, wird es uns nach wenigen Minuten zu kalt. Und nur nach kurzer Zeit in der Sonne hatten wir beide einen Sonnenbrand.

Nach den vielen Tagen am Yssykköl brauchen wir dringend Wasser. Die Idee ist, wieder zum Orto-Tokoy-Reservoir zu fahren und dort Wasser zu holen. Aber als wir ankommen, ist beinahe kein Wasser mehr da: die selbe Perspektive, der selbe See, die selben Schuhe.

Das Wasser hat sich so weit zurückgezogen, dass an Wassertanken nicht zu denken ist. Der Boden in der Nähe des Wasser ist schlammig; ein PKW ist bereits steckengeblieben, wie wir an den Spuren erkennen können. Enttäuscht fahren wir den Weg wieder zurück und finden einen tollen Platz am Tschüi, der vom Orto-Tokoy-Reservoir gespeist wird und genau zwischen Reservoir und Yssykköl liegt. Wir tanken klarstes Wasser, waschen unsere Wäsche mit den Waschnüssen und haben sogar tägliche frostige Sporteinheiten dank natürlicher Gegenstromanlage mit 10 Grad kaltem Wasser.

Stellplatz für einige Tage direkt am Tschüi
Stellplatz für einige Tage direkt am Tschüi: Waschen mit Waschnüssen und mit natürlicher Gegenstromanlage im glasklaren Wasser

Am Freitag, den 13. Juli 2018 sind die drei Wochen am Yssykköl auch schon rum und wir müssen Kirgisistan nach fast zwei Monaten schweren Herzens verlassen. Innerhalb der zwei Monate haben wir uns in Kirgisistan eingelebt, uns sehr wohlgefühlt, die Ruhe genossen. Umso schlimmer ist jetzt der Grenzübertritt. Wenn man alle zwei bis vier Wochen mit der Bürokratie zu kämpfen hat, gewöhnt man sich daran. Bei mehr als 4 Wochen in einem Land ist es wieder wie beim ersten Mal. Und so frage ich Alex: „Ich bin ja nicht abergläubisch, aber meinst Du, es ist eine gute Idee, ausgerechnet heute, am Freitag, den 13. die Grenze zu überschreiten?“


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