Duschanbe und der Besuch beim Metzger

Es gibt ja Länder, bei denen man sich anhand der umherfahrenden Fahrzeugmarken orientieren kann, in welchem Land man sich gerade befindet (das kommt schon mal vor, dass man sich als Reisender fragt: Moment, wo bin ich denn gerade?). Albanien zB: ganz klar Land des Sterns. Gefühlt 90% aller Fahrzeuge kommen aus dem Hause Mercedes Benz. Ok, etliche sollen den Weg zum Besitzer auf nicht legale Weise gefunden haben, wie uns Albaner höchstpersönlich erzählt haben, aber Albaner allen Alters lieben den Stern. Sie mögen noch so ärmlich leben, der Mercedes ist ihnen heilig (hier ein schöner Beitrag dazu). Das nächste Land, in dem uns das auffiel, war der Iran: ganz klar Peugeot-Land. 90% aller Fahrzeuge (gefühlt) tragen den Löwen. VAE und Oman lieben die Toyota-Geländewagen. Hier sieht man zwar noch viele andere Marken, aber der Toyota-Landcruiser war schon extrem häufig zu sehen. Dann war‘s erst mal wieder stark gemischt bis… Tadschikistan. Na, und welche Marke ist hier besonders stark vertreten? Na? Kommt man nicht drauf. Opel. Tadschikistan ist ganz klar Opel-Land; hier scheint man alle alten Opel aufgekauft zu haben. Opel jedes erdenklichen Modells sind hier vertreten. Angeblich gab es Vergünstigungen, daher also 90% Opel, gefühlt. Neben den vielen Plakaten des viel beschäftigten Präsidenten ist es das, was uns sofort ins Auge fällt, als wir über die sehr gut ausgebaute M41 nach Duschanbe fahren.

In Tadschikistans Hauptstadt interessiert uns zunächst nur die Werkstatt. Mirko hatte sie uns auf der Karte gezeigt und so steuern wir den Benz in die Innenstadt. Duschanbe ist sehr beschaulich; man ist schnell durchgefahren und hat gar nicht gemerkt, dass man in einer Hauptstadt war und fragt sich unweigerlich: Nanu, das war’s schon? So kommt es, dass wir an unserem eigentlichen Ziel viel zu schnell vorbeisausen. Leider wird zum Zeitpunkt unseres Aufenthalts immer noch an einem Stück der Hauptverkehrsstraße gebaut, so dass wir umständlich zur Werkstatt zurückfahren müssen.

Dann stehen wir vor dem Werkstattgelände, auf dem sich Anars Werkstatt (Koordinaten: 38.579422, 68.73277) befinden soll. Wir sind einigermaßen überrascht, dass es sich nicht nur um eine Werkstatt handelt, sondern um eine ganze Reihe kleiner Miniwerkstätten in Garagen. Der Hof steht voll, aber wir können direkt vor die Werkstatt parken; neben einem Fussballfeld, das sich mitten auf dem Gelände befindet und bis tief in die Nacht geräuschvoll genutzt wird. Alex übergibt seine Liste mit Dingen, die zu machen sind, an Anar, der glücklicherweise fließend Deutsch spricht. Die Zeit vergeht, aber es fängt niemand mit der Arbeit an. Erst als Alex selbst anfängt, kommen alle und schauen zu. Und dann fangen auch die Schweißarbeiten an unserer Front an. Kein deutscher Standard, aber zumindest ist alles wieder fest und das Abblendlicht blickt wieder in die richtige Richtung, nämlich nach vorne. Nur: an der Bergevorrichtung rausziehen lassen wollen wir uns jetzt nicht mehr. Das ist etwas, das wir uns ganz anders vorgestellt haben, wenn wir immer von den anderen lesen, dass sie sich haben dies oder jenes machen lassen. Ja, das ist total toll in einem fremden Land und häufig kostet das auch noch viel weniger, aber es ist meistens auch nur das wenige Geld wert, wenn überhaupt. Das sagt aber keiner.

Ein kompletter Tag Schweißen, Stoßstange wieder dranbauen, Lampen wechseln, zwei Reservelampen, neue Kupferringe für Leitungen der Servopumpe, Bremsenreiniger…, alles für umgerechnet 200€. Normalerweise darf man in Tadschikistan nur in Wechselstuben tauschen (wird man beim Wechseln auf dem Schwarzmarkt erwischt, gibt das eine ordentliche Strafe), aber Anar nimmt gerne auch Euro. Wer Ersatzteile braucht, sollte diese vorab telefonisch (+992 907 88 99 69) bei Anar bestellen. Die Lieferzeit für unsere Luftfilter z.B.  sollte etwa 6 Tage betragen.

Dann wollen wir zur russischen Botschaft, um die Visa für Russland zu beantragen – einfach mal probieren. Aber als wir davor stehen, sind die Tore verschlossen: 1. Mai…, da war doch was? In Tadschikistan gibt es den Feiertag nicht, in Russland schon. Und so würden sich erst am 3. Mai die Pforten der Botschaft wieder öffnen. Wir beschließen, schon morgen ganz, ganz früh wieder wegzufahren. Der Fußballplatz ist einfach zu laut. So wollen wir den restlichen Tag noch zum Sightseeing nutzen. Ein Afghane ist uns mit der richtigen Nummer des Busses ins Stadtzentrum behilflich. Außerdem sagt er, dass wir über Kulob zum Pamir Highway fahren sollen. Das ist sofort notiert.

Ja, und Duschanbe? Na ja, also es gibt nicht wirklich viel zu sehen. Eigentlich gibt es abgesehen vom Präsidentenpalast überhaupt nichts Schönes. Obwohl: wenn die riesige, derzeit noch im Bau befindliche Moschee fertiggestellt ist, gibt das ein absolutes Highlight. Wenn der Bau allerdings ähnlich langsam voranschreitet, wie der Bau der Hauptverkehrsstraße, dann dauert das noch drei Jahre.

Gegen 7 Uhr am nächsten Morgen fahren wir vom engen Werkstattgelände (bevor es voll wird und man uns den Weg versperrt) und fahren los. Vorher müssen wir uns aber noch mit Essen eindecken. Und so kommt es, dass wir zum ersten Mal beim „Metzger“ (Alex sagt: Schlachter) halten. Bisher kam unser Steak immer aus der Tiefkühltruhe oder Frischetheke des Supermarkts. In Tadschikistan gibt‘s das aber nicht.

Im Fenster hängen große Stücke von dem, was mal ein Rind gewesen war. Wir wollen ganz bestimmtes Fleisch und so zeigt Alex auf seinen unteren Rücken: wir wollen Filet und/oder Steak aus der Lende. Das kennt man so nicht in Tadschikistan und so bekommen wir den halben Rücken mit Knochen. Der Mann zerteilt den Batzen Fleisch noch schön in einzelne dicke Scheiben. Wirklich hübsch, wie das so daliegt. Um die 5 kg für 20€; nicht billig (die schweren Knochen müssen ja alle noch weg), aber davon können wir einige Tage leben. Gerade denke ich, dass der Metzger nun das Fleisch in eine Tüte packen will, damit wir es transportieren können, da nimmt er jede Scheibe und haut noch mal mit der Axt zweimal drauf. Völlig perplex stehen wir vor dem Häuschen. „Was macht der da?“ frage ich Alex. „Das kann doch nicht richtig sein? Der macht uns doch das Fleisch kaputt!? Mach was!“ Aber wir können nichts dagegen tun. Der Schlachter haut mit solch einer Selbstverständlichkeit die Axt ins Fleisch, dass wir denken, er wird schon wissen, was er tut. Weiß er nicht. Unsere gebratenen Steaks später, nachdem Alex die Knochen herausgelöst hat, haben alle einen Spalt, schmecken aber trotzdem fantastisch!

Metzger Duschanbe
typischer Metzger in Tadschikistan, hier Duschanbe

Wir kaufen noch Obst und Gemüse auf dem Markt, was auch nicht so günstig ist wie wir dachten. Auch ein Brot stecken wir noch ein. Dann geht es aber wirklich los zum Pamir Highway…


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