Wo uns Usbekistan im Westen mit brauner, öder Landschaft begrüßt hat, verabschiedet sich das Land im Osten im schönsten satten Grün und mit Blick auf die tadschikischen schneebedeckten Berge. Auf den ersten Blick, nach etlichen hunderten Kilometern brauner, karger Landschaft, könnte man meinen, man sei im Paradies!
Ein schöneres „Bye Bye“ kann man sich nicht wünschen. Nach Buchara hatten wir kurz überlegt, noch in Samarkand vorbeizuschauen, aber wir haben gelesen, dass sich das nicht lohnt. Außerdem ist der Grenzübergang Usbekistan-Tadschikistan bei Samarkand schon seit Jahren geschlossen und wir müssen nach Denov im Südosten. So verbringen wir noch einige ruhige Nächte auf usbekischem Boden, bevor wir am 29. April 2018 an der Grenze stehen.
Usbekistan
Gegen 12:30 Uhr stehen wir am Usbekischen Grenzposten. Es handelt ich um einen ausgesprochen hübschen Grenzposten mit viel Grün und der sehr gepflegt ist! Es erfolgt ein erster Check am Tor. Der Soldat fragt nach der Registrierung, aber da wir testen wollen, ob man die wirklich braucht, behaupten wir einfach, wir hätten keine. Daraufhin telefoniert der Soldat kurz, dann ist alles ok und er winkt uns durch. Ich muss zu Fuß durch und zur Passkontrolle. Alex fährt zur Fahrzeugkontrolle/Zoll vor. Schnell ist mein Stempel im Pass ohne irgendwelche Dokumente und nun steh‘ ich da. Als mir langweilig wird, laufe ich einfach zurück und setze mich zu Alex in den Benz und wir warten gemeinsam.
Dann dürfen wir mit dem Fahrzeug vorfahren, der Benz wird kontrolliert. Der Soldat zieht sogar die Schuhe aus und lässt sich ein bisschen was zeigen. Auch hier guckt der Soldat auf mein iPad, aber da es gesperrt ist, schaut er nur auf den Startbildschirm. Zwei weitere Soldaten gucken interessiert in den Benz, bleiben aber mit den Schuhen auf der „Terrasse“ stehen. Wir zittern noch mal um die Drohne. Um davon abzulenken, zeigt Alex Bilder, wo wir in Usbekistan im Matsch hingen. Das beeindruckt die Soldaten und damit haben sie unseren Innenraum vergessen. Draußen müssen alle Klappen geöffnet werden, dann sitzen sie vorn im Fahrerhaus und Alex zeigt Bilder vom Umbau; wieder sind sie beeindruckt. Jetzt muss Alex noch zur Passkontrolle. Mich wollen sie auch schicken, sind dann etwas verwirrt, dass ich den Stempel bereits im Pass habe. Alles ist ok und wir sind durch.
In einer 7%igen Steigung geht es zum Tadschikischen Grenzbereich.
Tadschikistan
Es ist 13:12 Uhr: die Einreisestempel sind schnell drin, nachdem Fotos von uns gemacht wurden. Das wundert mich im Nachhinein ein bisschen. Ich hatte im Zuge der Beantragung unserer Usbekistan-Visa in Baku die Anträge für unsere Tadschikistan-E-Visa ausgedruckt, weil ich zu dem Zeitpunkt die Visa selber noch nicht hatte. Weil aber manchmal die Visa des nächsten Reiselandes vorgelegt werden müssen, hatte ich also zumindest die Anträge dabei, um zu beweisen, dass wir definitiv vorhaben, Usbekistan wieder zu verlassen (wollte dann aber niemand sehen). In dem Glauben, ich hätte die E-Visa selber ausgedruckt, haben wir beide nur die Antragsformulare dabei; keiner von uns beiden hat da nochmal draufgeschaut, sondern wir haben sie ganz selbstbewusst vorgelegt. Da steht sogar ganz groß „Application“ drauf, aber keiner merkt’s. Keiner wundert sich, warum unsere Visa so ganz anders aussehen als sie aussehen müssten. Alex bekommt sogar noch einen weiteren Stempel auf dieses Formular.
Wir fahren vor zum Zoll. Wir müssen einmal 43 SOMONI (ca. 4€) und einmal 30 SOMONI (ca. 3€) für zwei Dokumente bezahlen. Überall sehen wir Aufkleber, die auf Antikorruption hinweisen und fühlen uns einigermaßen sicher, dass die Beträge richtig berechnet werden.
Dann werden wir zu einem Office geführt, in dem es darum geht, einen Wisch zu erhalten, der die Erlaubnis erteilt, ein ausländisches Fahrzeug ein- und wieder auszuführen; wir hatten darüber gelesen. Wir diskutieren sehr lange mit dem zuständigen Beamten:
Erstens kommt uns das Dokument bekannt vor, das sieht nämlich so aus wie das Dokument, das man uns in Kasachstan, Aqtau „verkaufen“ wollte und wo wir energisch die Köpfe geschüttelt haben, weil das aus unserer Sicht nicht auf Touristen anzuwenden ist, sondern auf kommerzielle Fahrzeuge. Also schütteln wir wieder die Köpfe, erklären, dass wir Touristen sind, „Avtodom“ sagen wir mehrmals. Aber der Beamte bleibt stur und will unbedingt dieses (blaue) Dokument in DIN A4-Format verwenden. Selbst als wir die junge Dame von vorne holen, die etwas Englisch spricht, bleibt er dabei. Wir haben wirklich alles versucht. Es wird sich später herausstellen, dass es tatsächlich das falsche Dokument ist, aber was will man machen? (Das richtige Dokument ist nur halb so groß und grün!)
Der nächste Diskussionspunkt ist, dass er uns nur 15 Tage geben will. 15 Tage sind nichts, schließlich haben wir ja ein 45-Tage-Visum. Was soll diese Einschränkung? Ich meine gelesen zu haben, dass man mit den Grenzbeamten über die Tage verhandeln kann, also zeige ich auf unsere 45 Tage im Visum. Was wir denn machen wollen? Wir erklären, dass wir nach Duschanbe in die Werkstatt müssen, übertreiben etwas mit der Länge des Aufenthalts und geben „mindestens 7 Tage“ an. Dann wollen wir auf dem Pamir Highway nach Kirgisistan einreisen. Er überlegt, rechnet durch und gibt uns sage und schreibe 2 Tage für den gesamten Pamir Highway. Wir sind entsetzt. Wieso denn nur 2 Tage? Wir würden das auch gerne etwas genießen, außerdem ist unser Benz nicht der schnellste und überhaupt würden wir gern mal ein bisschen wandern gehen?! Wir sind doch nicht auf der Flucht? Wir sind Touristen, kein Cargo-Transport, sagen wir mehrmals. Ich sehe nämlich, dass hinter der Permission ein Zettel hängt, der ähnlich wie in Deutschland eine Tabelle für die Fahrt- und Ruhezeiten enthält und die wir mit diesem Wisch womöglich auch noch verpflichtet sind auszufüllen. Das wollen wir definitiv nicht. Wir zeigen darauf, sagen, dass das kommerzielle Fahrzeuge betrifft, wir aber privat hier seien. Er schüttelt den Kopf, außerdem zeigt er weiter auf seine 15 Tage, die er inzwischen leider auch schon eingetragen hat. Mich nervt die Situation dermaßen, dass ich ihm ziemlich böse zu verstehen gebe, dass ich das ganz schön blöd finde und er uns doch mehr Tage geben könnte, denn für Touristen mache doch die 15-tage-regelung gar keinen Sinn. Aber keine Chance, mehr bekommen wir nicht. Dafür will er dann auch noch 8$ haben als Handling-Gebühr oder weiß der Kuckuck was. Die nette Dame ist immer noch mit uns im Büro und erklärt uns, dass wir die „Permission“ in Khorog auf dem Pamir Highway verlängern könnten. Da gäbe es ein Customs Office. Aha. Was für ein Quatsch, dann kann er doch gleich mehr Tage eintragen, sage ich. Kein Chance.
Dann steht plötzlich ein weiterer Mann in Zivilkleidung im Büro. Er sei vom Zoll und wolle 100$ von uns haben. Wir wollen aber keine 100$ zahlen und schütteln die Köpfe. Aber es bleibt dabei. Und ohne das Dokument bzw. die Zahlungsbestätigung kommen wir nicht aus dem Grenzbereich. In seinem Büro beschweren wir uns, weil er so viel Geld haben will. Er schiebt uns ein ausgedrucktes Blatt hin mit verschiedenen Beträgen. Ich versuche, die kyrillischen Zeichen zu entziffern und verstehe, dass es sich um eine Importgebühr handelt und wir mehr zahlen müssen, weil wir einen Truck haben. Ach, ist das ärgerlich! Ein PKW würde nur 25$ kosten. Ein Fahrzeug bis 10 Tonnen kostet nunmal 100$. Und so stiefelt Alex los, holt einen 100$-Schein, übergibt ihn unter Protest und wir erhalten die Quittung mit dem Zolldokument. Wer jetzt denkt, das war’s schon, der irrt.
Der Mann zeigt auf eines der Blätter, das an die Permission geheftet ist: wir müssen jetzt zum Terminal 1, in 500 m rechts, und dort irgendwas machen.

Also ab zum Terminal 1. Da stehen die ganzen Cargo-LKWs. Sofort haben wir das sichere Gefühl, dass wir da gar nicht hingehören. Der Wachmann vom Tor des Terminal 1 nimmt uns mit ins erste Gebäude auf der rechten Seite, zweiter Stock. Der Mann, der dort sitzt, sagt, zumindest verstehen wir das so, dass wir Touristen seien und dieses Dokument entweder nicht gelte oder falsch sei oder so ähnlich. Wir stimmen sofort zu, denn wir wollen dieses Dokument auch nicht. Aber nun sind wir registriert und keiner weiß, was man nun machen muss. Trotzdem müssen wir noch 47$ Straßenmaut zahlen, da gibt’s keinen Weg drum herum. Ab zur Kasse im ersten Stock zum Bezahlen und wir haben das nächste Blatt Papier in der Hand, das uns das Grenztor öffnen wird.
16:15 Uhr: Wir sind durch, der Soldat am Tor prüft alle Dokumente und ist zufrieden. Das Tor geht auf und wir sind in Tadschikistan.
Wir erfahren später von Mirko und Sahra, dem Pärchen mit dem Rundhauber, dass sie genauso viel bezahlen mussten, also scheinen die Beträge zumindest korrekt gewesen zu sein.

Auf der Fahrt nach Duschanbe fallen sofort die vielen Bilder vom Präsidenten auf, die die Straße säumen und jedem wird klar: Der Präsident ist sehr beschäftigt – der Präsident mit Blumen, auf einem anderen hält der Präsident Früchte in den Händen oder erntet gerade Trauben, dann wieder spaziert er durchs Grün oder über eine Blumenwiese, und auf wenigen Bildern sieht man ihn hinterm Schreibtisch sitzen und etwas mit wichtiger Miene unterschreiben. Auf jeden Fall ist er sehr präsent, der Präsident.
Die Straße nach Duschanbe ist sehr gut und noch am selben Tag erreichen wir am Abend Tadschikistans Hauptstadt.
Danke für die unterhaltsamen und auch informativen Reiseberichte. Sie helfen auch bei der Planung ähnlicher Vorhaben. Und alle Achtung vor dem Abenteurergeist! Was für eine Reise!
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Vielen Dank für Deinen lieben Kommentar! Als großes Kompliment empfinde ich, dass Du die Reiseberichte als unterhaltsam beschreibst: genau das sollen sie auch sein und das Lesen soll Spaß machen. 😃
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