Noch am Sor Tuzbair, an einem hübschen See mit Panoramablick, stellen wir uns die Frage, wie wir die Drohne über die Grenze bekommen. Wir haben haarsträubende Geschichten gelesen, dass an der Usbekischen Grenze ordentlich gefilzt würde und sogar Drohnen zerstört würden. Oh oh, denken wie, wäre ja schade um die schöne, beinahe noch neue Phantom3. Zuerst wollten wir sie noch von Kasachstan aus nach Deutschland schicken, aber dann könnten wir sie nicht in Tadschikistan fliegen lassen. Was also machen? Wir überlegen und gehen die Versteckmöglichkeiten für die Drohne durch. Unter der Toilette? Ob da ein Grenzer nachschaut? Wir entscheiden uns dann doch für ein anderes Versteck. Dabei vergessen wir die Propeller der Drohne, die im Büroschrank achtlos herumliegen und die überhaupt erst darauf schließen lassen, dass wir eine Drohne haben. Dann kommt die Frage auf, was wir mit dem Bargeld machen, weil wir nicht unbegrenzt Bargeld einführen dürfen. Wenn man auf Langzeitreise ist und Länder wie Iran, Usbekistan und Tadschikistan eingeplant hat, wo man auf Wechselstuben zugreifen muss, hat man natürlich eine nicht unbedeutende Menge Bargeld dabei. Bei der Einreise in Usbekistan, so wissen wir, müssen wir die eingeführte Menge Bargeld genauestens angeben. Jetzt wollen wir den Grenzern natürlich nicht die genaue Menge unseres mitgeführten Bargelds auf die Nase binden; wer weiß, wo diese Information landet und wer dann denkt: „Och, das lohnt sich aber!“ Wir beschließen, in den sauren Apfel zu beißen und das Bargeld, das wir nicht in Uzbekistan benötigen werden, in der Toilette unterm Boden in mehreren Zippertüten zu verstecken. Die Usbeken werden doch wohl kaum Lust haben, unsere Toilette auseinanderzunehmen…?
Mit einem guten Gefühl fahren wir vom See weg und müssen noch über 300 km in zwei Etappen bis zur Grenze fahren. Bis Bejneu klappt das reibungslos. Hier befindet sich die letzte Tankstelle vor Usbekistan und wir füllen alle Tanks auf, denn in Usbekistan soll es schwierig sein, an Diesel zu kommen. Außerdem füllen wir noch an einer Autowäsche unseren Wassertank auf. Wir starten nun die letzte Etappe. Ab Bejneu ändert sich das Straßenbild drastisch: man scheint vergessen zu haben, dass es diese Hauptstraße überhaupt gibt. Der Straßenbelag fehlt stellenweise völlig, aber was am meisten Kraft (bei Insassen und Fahrzeug) kostet, sind die riesigen Löcher in der Straße, die wir slalommäßig umfahren. Das geht aber auch nur bedingt, denn die Vielzahl der Löcher lassen zum großen Teil eine Slalomfahrt gar nicht erst zu. Für die letzten 83 km brauchen wir etliche Stunden. Zudem umhüllt uns ständig eine Wolke, weil die Piste extrem staubig ist. Teilweise hat sich eine Alternativroute neben der eigentlichen Straße gebildet, aber durch die Wellen ist sie keine Option.
Erst gegen 19:30 Uhr erreichen wir die Kasachische Grenze. Noch vor der Grenze übernachten wir einfach auf dem Feld. Gegen 9:00 Uhr am nächsten Morgen umkreisen uns Grenzsoldaten mit einem Jeep. Als sie erfahren, dass wir über die Grenze wollen, ist alles ok.
Grenzbereich Kasachstan
17. April 2018, 11:20 Uhr: Wir erreichen die Grenze, fahren an der LKW-Schlange vorbei bis zum Tor und müssen warten. Touristen werden bevorzugt behandelt, also dürfen wir als nächste zur Grenzabfertigung.
Wir werden links zum Eingang neben der Passkontrolle zu Schalter 1 geführt. Wir müssen ein Dokument für das Auto ausfüllen. Da wir keine Ahnung haben, was da steht, füllt der Soldat hinter der Glasscheibe für uns die Dokumente aus. Das hatten wir auch noch nie! Plötzlich sind es vier Soldaten, die zusammen unsere Dokumente ausfüllen. Da wir noch sämtliche Unterlagen von der Einreise haben, legen wir diese einfach vor und sie können die Daten übernehmen. Dann arbeiten wir uns nach rechts durch, erst Schalter 2, dann 3. Überall bekommen wir Stempel und Unterschriften. Der Soldat an Schalter 3 sagt, wir müssen einmal komplett rum um deren Büros und auf die andere Seite der Schalter gehen. Derselbe Soldat blickt uns an dem anderen, letzten Schalter wieder an und es gibt weitere Stempel. Wir haben jetzt 8 Stempel auf einem DIN-A4-Blatt. Dann stehen wir im Eingang der Passkontrolle für den Ausreisestempel. Ein Soldat nimmt uns mit nach vorne und wir kommen vor allen anderen dran.

Jetzt müssen wir mit dem Auto durch die Kontrolle; nur ein kurzer Check, er will die vielen Stempel auf dem DIN-A4-Blatt sehen, dann sind wir durch. Jetzt versperren uns die vielen PKW die weitere Fahrt, aber der Soldat am Tor sorgt dafür, dass sie an die Seite fahren.
Grenzbereich Usbekistan
12:20 Uhr: Wir fahren vor bis zum nächsten Tor. Vor Usbekistan erwartet uns ein Matschloch – soll das ein Desinfektionsbad sein? Wir warten, denn das Tor ist noch geschlossen.
12:26 Uhr: Das schwere Tor wird geöffnet. Der Soldat stellt nur ein paar kurze Fragen, Woher? Wohin? Dann dürfen wir vorfahren. Als erstes gehen wir zur Passkontrolle, um uns den Einreisestempel zu holen. Zunächst müssen wir jedoch einen weißen Zettel ausfüllen mit Sachen, die wir im Auto haben. Wir versuchen zu erklären, dass dafür der Zettel ein bisschen klein ist und bekommen jeweils noch ein paar. Ich fülle beide Zettel für uns aus, entscheide dann aber, doch nur einen Zettel pro Person auszufüllen, weil es mir zu blöd ist, jede Kleinigkeit aufzuzählen. Außerdem entfällt mir in der Eile, dass ich zwei Kameras habe und vergesse, sie zu notieren. Wir denken uns Fantasiepreise aus; das kann sowieso keiner nachvollziehen. Beim mitgeführten Geld schwindeln wir, der Rest ist ja gut versteckt. Ich muss aber trotzdem vier Zettel (also zwei pro Person) ausfüllen, denn einen behält der Zoll, den anderen behalten wir, um ihn bei der Ausreise vorzuzeigen.
Dann sitzen wir im Benz und stehen direkt vor dem Zoll. Vor uns steht ein PKW aus Russland, der gerade auseinandergenommen wird. Alles, aber auch wirklich alles muss raus. Wir haben die schlimmsten Befürchtungen. „Wenn die die Drohne haben wollen, zerschlag ich die und Du filmst das!“ sagt Alex. „Ja genau, darüber werden die Grenzer auch sehr erfreut sein, wenn ich in deren Grenzgebiet Filme drehe.“ gebe ich lachend zurück. Aber das Lachen vergeht uns, als nebenan der Fahrer eines Fahrzeugs sogar den Luftfilter ausbauen und auseinandernehmen muss. Inhalte von Mobiltelefonen werden durchgeschaut. Oh mein Gott, es ist alles wahr. Wir sind schockiert.
„Die finden alles!“ sagt Alex bang. Doch noch schnell umdrehen und komplett über Kasachstan fahren?
Doch dann: Wir dürfen ein paar Meter vorfahren und die Grenzbeamten werfen einen Blick ins Fahrzeug. Sie lassen sich zwei, drei Schubladen zeigen und sind zufrieden. Einer der Männer tippt auf mein iPad herum, das auf der Couch liegt, aber außer dem Sperrbildschirm sieht er nichts. Dann sind sie auch schon wieder draußen. Ein, zwei Klappen sollen wir noch öffnen, dann winken sie uns durch. Wir sind platt.
Bei Kilometerzahl 83.524 auf unserem Tacho sind wir in Usbekistan. Es ist 13:37 Uhr, das ging wesentlich schneller und smoother als gedacht.
Um 13:42 Uhr stehen wir vor dem Tor, das den Grenzbereich markiert. Der Soldat will nochmal einen kurzen Blick in den Benz werfen, dann sind wir endgültig durch. Das Tor öffnet sich und es heißt „Welcome to Uzbekistan“!
Jetzt brauchen wir noch eine Usbekische Haftpflichtversicherung für den Benz. Hinter dem Tor stehen gleich mehrere Buden, auf denen OSAGO steht; wir haben also die Qual der Wahl. Wir entscheiden uns spontan für das gelbe Gebäude, gehen rein und fragen nach der Versicherung. Während der Agent unsere Dokumente checkt und den Preis ausrechnet, steht eine junge Dame vor uns mit Usbekischen SOM und bietet sie zum Tausch gegen Dollar an. Geldwechsel auf dem Schwarzmarkt ist in Usbekistan derzeit noch normal. Da wir gelesen haben, dass man bloß nicht an der Grenze tauschen soll, lehnen wir freundlich ab.
Jetzt meldet sich der Agent: 78.000 SOM will er für die Versicherung für 14 Tage haben; das sind umgerechnet weniger als 10€. Wir wollen in Dollar bezahlen. Nein, Dollar akzeptiere er nicht, nur SOM. Und so steht die junge Dame wieder lächelnd hinter uns und kommt ins Spiel. Alex muss unweigerlich lachen und sagt zu ihr: „Now you’re back in the game!“. Sie lacht mit. Es ist ein Wahnsinns Pack an SOM, den sie da in ihrer kleinen Hand hält. 100 $ sind das; umgerechnet also 8.040.000 SOM in 1.000-SOM-Scheinen. Da wir keine Ahnung haben, was das Leben so in Usbekistan kostet, und weil wir gerade keine Schubkarre dabeihaben, wollen wir nur 50 $ wechseln. Ich rechne den Betrag mittels Currency-App um und zeige das Ergebnis. Der Betrag, den wir erhalten, weicht nur ganz minimal ab – passt also. Da wir mit den vielen Nullen noch nicht zurechtkommen, hilft uns die junge Dame noch, 78.000 SOM abzuzählen. Wir übergeben feierlich das Geld, erhalten unser Versicherungsdokument und fahren gegen 14 Uhr weiter nach Osten.
Alles sehr spannend geschrieben, echt toll zu lesen, vielen Dank für die Bilder und die Mühe. Gerne weiterso. Wünsche euch weiterhin stets gute und sichere Fahrt. (Infos über Geldverstecke usw. würde ich aber eher weglassen 😉
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Hallo Christian,
vielen Dank für dieses tolle Kompliment! Was die Geldverstecke betrifft, hast Du nicht unrecht, aber ich hoffe, dass die Leser nicht vorhaben, uns zu überfallen 😂😇.
Viele Grüße
Nicole
Nicole
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