Astara, Iran
11:22 Uhr: Wir fahren an der Grenzstation auf falscher Spur an der LKW-Schlange vorbei, passieren die Schranke, gehen auf der linken Seite die Stufen hoch ins kleine Büro: ein freundlicher Mann trägt Halter des Fahrzeugs ein, sowie das Kennzeichen. Wir bekommen eine Parkkarte und dürfen ein paar Meter vorfahren.
Wir müssen zur Fuel Station: weißer Container rechts. Wir werden gefragt, wieviel Diesel wir dabei hätten. Nun muss man aber nicht glauben, dass man damit durchkommt, wenn man behauptet, man habe kaum Diesel dabei. Sofort stehen ein paar Männer mit Gliedermaßstab neben unserem Benz: Erst werden die Dieseltanks vermessen, dann der Inhalt unserer Dieseltanks geschätzt. Damit haben wir nicht gerechnet, weil wir ja im Iran ohnehin schon das Doppelte von dem bezahlt haben, was die Iraner für den Diesel zahlen. Aber keine Gnade. Alex versucht zu erklären, dass ein Tank für die Heizung ist und daher nicht mitgerechnet werden dürfe. Beweisen kann er das damit, dass die Leitung aus dem Tank Richtung Heizung geht. Natürlich können wir auch mit dem Diesel aus diesem Tank fahren, aber das muss man ja niemandem auf die Nase binden. Das ist übrigens der Tank, der komplett voll ist! Das glauben die Männer gott sei dank und wir müssen nur rund 26$ zahlen für den anderen, fast halb leeren Tank. Mit ihrer Schätzung hinsichtlich des Inhalts liegen die Männer ziemlich richtig. Ähnlich hatte auch Alex gerechnet. 1,2 Mio Rial müssen wir nachzahlen. Das heißt, nochmal 0,15 Cent/Liter mehr. Alles Geld, was wir noch haben, ist damit weg. Wir erhalten drei Zettel (weiß, blau und grün), auf dem quittiert ist, dass wir die Station durchlaufen haben, und folgen der Straße gemäß maps.me.
Und da stehen wir plötzlich schon an der Iranischen Ausreise. Der nette Herr aus dem Wachhäuschen schickt uns zurück und zeigt genau, wohin wir müssen. An dem blauen Schild links auf den vermeintlichen Parkplatz (deshalb sind wir vorbeigefahren), da müssen wir hin. Wir stellen das Fahrzeug ab und gehen links ins weiße Gebäude, auf dem Transit & TIR steht, dann ganz nach hinten durch, dann rechts. Links sitzt derjenige an einem Tisch, der das Carnet abstempelt. Kennzeichen und Chassisnummer werden verglichen. Der Mann bietet uns einen Mojito ohne Alkohol an, pappsüße Zitronenlimonade mit Minzgeschmack, aber wir nehmen trotzdem an. Schnell sind die Unterlagen erstellt. Wir bekommen Stempel und Kopien; müssen damit zur Passkontrolle vorfahren.
12:30: Wir stehen an der Passkontrolle zur Ausreise. Um 12:36 haben wir den Stempel im Carnet auf der Rückseite, das Blatt wird abgerissen, weißer und grüner Zettel (Diesel verzollt) verbleibt im Häuschen, blau behalten wir. Der Computer für die Passkontrolle arbeitet gerade nicht, daher müssen wir warten. Bei der Passkontrolle geben wir Carnet, Fahrzeugschein und Pässe ab. Es dauert etwas, bis ein Mann rauskommt, um zu fragen, wo wir herkommen, was wir beruflich machen. Wir fragen zurück, warum er das wissen will. Wir müssen nicht antworten. Welche Städte wir besucht hätten? Gar keine, nur Transit, weil ich nur ein Transitvisum habe. Irgendwas wird im Inneren des Büros geprüft. Der Soldat, der mit uns draußen steht, hat Spaß mit uns.
13:00 Uhr: Wir erhalten unsere Pässe zurück und dürfen passieren. Kurz gibt es eine Diskussion wegen der Parkkarte. Wir müssen ja noch die Parkgebühren bezahlen. Aber wir können glaubhaft versichern, dass wir über keinerlei Rial mehr verfügen. Der Mann im Büdchen winkt uns dann einfach schnell durch, während sich ein anderer beschwert. Wir sind raus aus dem Iran – endlich. Nie wieder Iran. Sofort schmeiße ich das Kopftuch auf den mittleren Sitz.

Astara, Aserbaidschan
Soldaten kontrollieren unsere Pässe, die Visa (die wir elektronisch im Internet angefordert haben unter ASAN VISA), dann geradeaus weiter und rechts abbiegen. Wir fahren auf eine Halle zu. Die Soldaten fragen, was das für ein Fahrzeug ist. Motor Home, Autodom, sagen wir.
Wir gehen ganz rechts durch die Tür ins Büro. Unsere Pässe bekommen den Eingangsstempel, wir müssen in die Kamera schauen und werden fotografiert. Dann müssen wir zum Zoll, rechts zum Tisch. Eine Frau ist für uns zuständig: Highheels, blau-lackierte Fingernägel, kurzer Rock, Dior-Tasche, strenger Gesichtsausdruck. Sie rennt erst mal weg und wir befürchten schon eine unangenehme Kontrolle. Aber es wird eine der angenehmsten Einreisen überhaupt. Dann stellt sie ein paar Fragen zum Auto. Sie trägt die Fahrzeugdaten ein, vom Carnet geht das leichter, weil dort alles steht. Wir erhalten einen Customs-Code; damit können wir – falls notwendig – den Aufenthalt für unser Fahrzeug verlängern, denn auch die Verlängerung des Visums sei kein Problem. Dann sagt sie uns, dass sie unser Fahrzeug kleiner angegeben hat, damit wir weniger für die Straßenmaut bezahlen müssen. Normalerweise kostet die Maut um die 100$ für unseren Truck, aber jetzt nur 20$. Wow! Wir müssen mit der GreenCard (Versicherungskarte) zum Office einige Meter zurück auf der rechten Seite zum Bezahlen. Direkt hinter der Tür befindet sich das Versicherungsbüro. Unsere GreenCard umfasst leider nicht Aserbaidschan, aber das binden wir den Männern am Tisch nicht gleich auf die Nase. Wir haben zwar eine GreenCard für Aserbaidschan, aber die ist nicht Green, sondern nur Grau, weil sie aus unserem Drucker kommt, denn wir haben diese nur per Mail. Alex zeigt die Rückseite, auf der alle Länder aufgeführt sind, Sie schauen nur flüchtig auf die GreenCard und nicken. Ok, keine weitere Versicherung notwendig. Links berechnet ein weiterer Herr die Straßenmaut in Höhe von 20$. Wir bekommen einen Zettel, dass wir bezahlt haben. Zurück beim Zoll: wir fahren jetzt IN die Halle. Vor uns werden Azerbaijanis gefilzt, die aus dem Iran kommen. Sie müssen alles aus dem Kofferraum räumen, die einzelnen Gepäckstücke werden gescannt. Wir befürchten schon schlimmes: das kann ja ewig dauern, wenn das ganze Fahrzeug durchleuchtet werden soll. Aber als wir dran sind, passiert nichts. Die Dame erklärt, dass die Deutschen sehr willkommen sind. Und genauso fühlen wir uns auch. Ob wir etwas zu verzollen hätten, viel Geld, oder so? Nein, nur persönliche Sachen (only personal items). Normalerweise, sagt die Dame, findet keine Kontrolle bei Deutschen statt, bei uns habe man nur Interesse, wie das Fahrzeug von innen aussehe. Also schauen die Männer kurz rein, ich helfe der Dame mit den Highheels ins Fahrzeug, damit sie ebenfalls einen Blick hineinwerfen kann.
15:19: Wir sind durch. Die Dame erklärt uns noch, dass am 20. März 2018 das iranische Neujahrsfest (Nouruz/Novruz) stattfinden würde, weshalb viele Iraner nach Baku reisen würden um hier zu feiern und es sehr voll werde. Och nö, vor diesen verrückten Autofahrern sind wir doch gerade geflüchtet?! Es fände ein Festival statt, zu dem es sich lohne hinzugehen. Außerdem sagt sie, dass Baku sehr schön sei; ähnlich wie Dubai. Wir sind gespannt! Als wir fahren, winken uns sämtliche Grenzbeamten fröhlich hinterher.
Wir folgen der Grenzstraße M1 weiter Richtung Norden und sind unmittelbar nach dem Grenzübertritt hin und weg: saftig grüne Wiesen, freundlich lächelnde Menschen winken uns zu, sauberere Straßen, einfache, aber ordentliche Häuser. Ein Unterschied wie Tag und Nacht! Wir sitzen im Benz und atmen tief durch. Endlich wieder saubere Luft. Wir beide dürfen uns wieder kleiden, wie wir wollen und ich muss kein Kopftuch mehr im Benz tragen. Jetzt waren es nur sieben Tage, aber nach den vier Wochen im letzten Jahr war das eine Befreiung, als wir in Dubai anlegten. Die ersten Tage, als alles neu war, hat mir das nichts ausgemacht, aber je länger wir im Iran waren, umso nerviger wurde es: Die heiße Luft staut sich unter dem Kopftuch, es rutscht ständig runter, die Haare liegen immer verkehrt und zwicken. Wir sehen in Aserbaidschan wieder viele Frauen auf der Straße. Nach den Männergruppen überall im Iran, wo frau sich fehl am Platz vorkommt und ich mich oft unwohl gefühlt habe, eine Wohltat für die Augen.

Allerdings sind die Straßen in Aserbaidschan erstmal schlechter als im Iran. Einige Schlaglöcher bremsen unsere Fahrfreude, aber wenigstens ist es nicht mehr staubig und dreckig. Am ersten Supermarkt, der uns zusagt, nämlich Bazar Store, halten wir, heben Geld im Automaten vor dem Supermarkt ab und gehen erstmal shoppen. Alex freut sich, nach 4 Monaten Abstinenz endlich wieder unbegrenzt auf Bier und Rotwein Zugriff zu haben; nach dem Motto: Wein und Bier, das gönn‘ ich mir! Und so greifen wir ordentlich zu, füllen unseren Kühlschrank komplett auf:
