Bei Zahedan fahren wir eine Spitze in Richtung Kerman, biegen jedoch hinter Baravat auf die 91 nach Bandar Abbas ab. Beim Dorf Dehbarky befinden sich Metzger links und rechts der Straße. Ziegen werden gerade beiderseits der Straße geschlachtet; das Blut läuft die Straße herunter. Neben den geschlachteten Ziegen stehen immer noch drei oder vier Lebende und warten auf den Tod. Ein makabres Bild. Alex meint, dass es den Tieren in deutschen Schlachthöfen auch nicht besser gehe. Auf der Strecke nach Bandar Abbas werden wir 7 mal von der Polizei kontrolliert (einmal 2 Kontrollen innerhalb von 22 km, wo man sich fragt, was auf dem Weg passiert sein soll, das eine weitere Kontrolle rechtfertigt). Richtung Bandar Abbas fällt auf, dass sich hier die ganzen Orangenbäume befinden. Wir habem uns die ganze Zeit gefragt, wo wohl das ganze Obst, Gemüse und vor allem die vielen Mandarinen und Orangen wachsen. Jetzt wissen wir es. Plantage um Plantage. Das Landschaftsbild ist wesentlich grüner, aber die Hütten wirken dagegen noch ärmlicher.
Noch am Abend kommen wir in Bandar Abbas an. Erwartet hatten wir eine hübsche Hafenstadt, stattdessen haben wir das Gefühl, sofort wieder weg zu müssen. Wahrscheinlich fahren wir von der falschen Seite rein, denn am Stadtrand sieht es aus wie nach einem Erdbeben, das es jedoch nicht gegeben hat. Unzählige Bauruinen säumen die Straße zu beiden Seiten. Wir parken am Park Ghadir auf dem leeren Parkplatz unmittelbar an der Strandpromenade, unser Nachtplatz. Je später der Abend wird, desto mehr füllt sich der Parkplatz. Zelte und jede Menge Shishas werden aufgebaut. Wir wollen uns noch ein bisschen die Füße vertreten, also spazieren wir auf der Strandpromenade, in der Hoffnung, ein Restaurant (wir haben kaum noch etwas zu essen) zu finden. Etwas entfernt befindet sich ein angeleuchtetes Gebäude direkt am Wasser – unser Ziel. Einige Meter vor dem Gebäude steht ein junger Mann, der uns anspricht. Wir erklären, dass wir etwas essen möchten. Ja, kein Problem. Dann spricht er etwas auf Farsi in sein Handy mit Übersetzungsprogramm. Er zeigt mir die englische Übersetzung des Gesprochenen: Can you die, steht da. Ich werde blass und muss sehr erschrocken geguckt haben, als er seine Botschaft nochmals spricht und dieses Mal übersetzt wird mit: Peace be upon you. Ich atme erleichtert auf, das klingt schon besser. Das angebliche Restaurant entpuppt sich als Shisha-Bar; davon werden wohl nicht satt. Auf dem Rückweg wollen wir in einem Mini-Shop noch ein bisschen dünnes Fladenbrot und eine Cola holen. Wir stehen komplett im Dunkeln und können kaum sehen, was wir kaufen. Der Strom für die Lampen ist ausgefallen. Zurück im Auto kochen wir uns selber etwas von unseren kläglichen Resten.
Wir beobachten das Treiben auf dem Parkplatz mit gemischten Gefühlen. Es scheint so, als wollen viele gar nicht wieder wegfahren. Vom Meer her weht eine muffige Brise, die sich mit verbranntem Öl der Grillroste mischt. Gegen 23:30 Uhr: Schichtwechsel. Die Grillenden verschwinden, neue Zelte werden aufgebaut. Viele der Menschen werden die Nacht auf dem Parkplatz wie auf einem Campingplatz verbringen. Es gibt Zelte, in denen 7 (!) erwachsene Menschen schlafen. Und die Zelte sind nicht besonders groß. Keine Ahnung, wie die das machen. Übereinander? Wahnsinn.

Wir wollen die Visa verlängern, um ein paar Tage auf Qeshm Island zu verbringen. Ursprünglich hatten wir das in Kerman vor, haben uns dann aber für Bandar Abbas entschieden. Ein Fehler…
Es ist der Montag, der 25.12.2017, 8:00 Uhr: Dank Maps.me finden wir das Police Office for Foreigners, andernfalls wären wir aufgeschmissen gewesen, denn an dem Gebäude steht nichts in für uns lesbaren Lettern dran. Als wir nachfragen, nickt der Angestellte. Alex muss zum Mann, ich zur Frau. Ich werde abgetastet, Handys und iPads müssen wir abgeben, dann dürfen wir ins Hauptgebäude. Dort sieht es aus wie in einer Bank: 6 oder 7 Schalter nebeneinander. Ein Herr bittet uns zu sich.

Wir erklären mit den Pässen in den Händen, dass wir unsere Visa verlängern wollen. „I know!“ sagt er, nimmt unsere Pässe und füllt einen Zettel aus. Er erklärt uns, dass er gerne zwei Kopien der Reisepässe und jeweils zwei Passfotos haben wolle. Wir zeigen Alex‘ und meine Fotos; meine ohne Kopftuch. Das ginge nicht, er würde es ja akzeptieren, aber sein Chef nicht. Ich solle neue Fotos machen. Wo wir denn Fotos machen könnten? Er zuckt nur mit den Schultern: das wüsste er auch nicht, aber er zeigt die Straße runter und sagt: „Möglicherweise bei der Bank.“ Wir wollen zwar nur 14 Tage, aber er sagt: „I give you 30 days, same price!“ Den Betrag sollen wir bei einer Bank auf ein bestimmtes Konto einzahlen und die Bestätigung mitbringen. Für die Visaverlängerung will er 34.500 Toman haben, 345.000 Rial, also 8 € umgerechnet. Nun gut, dann probieren wir unser Glück. Wir gehen die Straße herunter, und sehen die Bank Melli Iran. Wir gucken ein bisschen unschlüssig in der Gegend herum auf der Suche nach einer Bude, die aussieht, als würde sie Fotoaufnahmen machen. Nichts. Vor der Bank ist eine Miniautowerkstatt und drumherum alles mögliche, nur kein Fotostudio. Eine junge Frau spricht mich auf Farsi an, ob sie uns helfen könne. Sie spricht kein English, also erkläre ich ihr mittels Zeichensprache, dass wir einen Laden suchen, der Passfotos macht. Sie erklärt uns auf Farsi, dass es hier keine Fotoshops gebe. Wir müssten ein Taxi nehmen und damit in die Stadt fahren. Als wir fragen wohin und dabei Maps.me zeigen, winkt sie ab. Sie weiß es nicht und zeigt wieder zum Taxi. Das hilft uns nicht, also bedanken wir wir uns höflich und gehen in die Bank. Bevor wir das Geld überweisen, fragen wir auch hier nach. Auch dort: keine Ahnung. Der nette Herr schreibt irgendwas auf Farsi auf einen Zettel. Damit sollen wir zum Taxistand. Wir haben keine Idee, wohin uns das Taxi mit dieser Botschaft bringen könnte und blasen die Aktion einfach ab. Wir haben genug. In Kerman wäre alles einfach gewesen (Foto- und Copyshop befinden sich in der selben Straße wie das Extension Office), aber hier? Wie lange sollen wir suchen? Unser Visum ist nur bis 28.12. gültig und die Erteilung erfolgt erst am nächsten Tag. Die Banken machen zum größtenteils um 12 Uhr, spätestens aber um 14 Uhr dicht, das heißt, wir würden es heute sowieso nicht mehr schaffen. Das ist uns zu eng, denn ab Donnerstag ist schon wieder Wochenende.
Wir entscheiden, uns nach einer Fähre nach Sharjah (Vereinigte Arabische Emirate) zu erkundigen, danach noch einzukaufen (unsere gesamten Lebensmittel sind komplett (!) aufgebraucht) und zu tanken (möglicherweise finden wir ja doch noch eine Tankstelle, die uns Diesel verkauft; auf dem Weg nach Bandar Abbas waren wir erfolglos – die Dieselzapfhähne waren alle lahmgelegt). Was folgt, ist eine Odyssee durch die Iranische Bürokratie…
Und hier noch die Adressen der Extension / Immigration Offices im Iran für die Visumverlängerung:
Ein Gedanke zu “Bandar Abbas und die Visa-Verlängerung”