„Bezappzarappt“ in Konstanza

Eines vorweg: wir sind bis heute nicht sicher, ob wir beklaut wurden, aber es ist interessant, mit welchen Methoden gearbeitet wird!

Unser vorerst letzter Tag in Konstanza. Das Differential ist ausgetauscht und wir können am nächsten Tag zur Probefahrt in die Karpaten antreten. Die ganze Zeit über sind wir am Mamaia Beach etwas essen gegangen. Heute aber, so als Abschluss wollen wir ausnahmsweise in der Stadt essen. Uns verschlägt es in ein Lokal direkt am großen Platz vor dem Museum für nationale Geschichte und Archäologie in der Innenstadt am Piata Ovidiu. Nach drei Wein und einem kostenlosen Cider für jeden laufen wir die rund 6 km wieder zurück zum Hotel. Wir sind gerade aus dem wuseligen Zentrum raus, da läuft plötzlich ein Mann neben uns, während mir ein anderer Mann im Augenwinkel auffällt, der vor uns läuft und schließlich rechts abbiegt. Der Mann, der neben uns geht, fragt auf Englisch, ob wir wüssten, wo es ein gutes Fischrestaurant gäbe. Wir zeigen aufs Zentrum hinter uns. Komischerweise interessiert ihn das gar nicht. Nur für eine Sekunde fällt uns das auf, aber dann verwickelt er uns in ein Gespräch: er sei aus der Türkei, sei auch manchmal geschäftlich in Deutschland. Wo er denn da sei, fragen wir. Frankfurt. Das sei eine schöne Stadt. Ich widerspreche. Frankfurt ist keine schöne Stadt. Hätte er Hamburg, München, Düsseldorf gesagt, aber Frankfurt…? Alex fragt ihn noch ein bisschen über die Türkei aus. Dann sind wir auf der Höhe eines dunklen Parks, wo plötzlich drei kräftige Männer hinter uns erscheinen. Sie behaupten, Polizisten zu sein und zeigen uns unaufgefordert ihre Ausweise. Wir können nur erkennen, dass sie grün sind. Sie fragen, was der Mann von uns wolle und ob mit uns alles ok sei. Ja, mit uns ist alles ok. Sie trennen den jungen Mann von uns und sagen etwas zu ihm. Sie tasten ihn ab, kontrollieren seinen Ausweis. Sie fragen, ob er uns belästigt hätte. Nein. Was er von uns gewollt habe. Wir hätten nur geredet, alles sei in Ordnung, verteidigen wir ihn. Alex fragt erneut nach ihren Ausweisen. Sofort zeigen sie uns wieder die grünen Dinger, aber wir haben keine Ahnung, was da steht. Es ist zu dunkel, um etwas lesen zu können. Sie haben uns genau im dunklen Bereich zwischen zwei Laternen abgepasst. Die drei Männer fragen uns, woher wir seien. Deutschland. Ob wir Touristen seien? Ja! Wieder wird der „Mann aus der Türkei“ grob abgefasst. Wir werden gefragt, ob wir Euro oder Dollar dabei hätten? Wir denken sofort an Devisengeschäfte oder Drogen. Nein, nicht viel. Sie wollen sehen. Und dann holen wir auch noch unsere Geldbörsen heraus, um zu zeigen, dass Alex nichts und ich nur wenige Euro (ein paar Fünfziger) dabei haben. Der „Mann aus der Türkei“ ruft dazwischen, dass doch alles ok sei.

Nachdem sie unsere Geldbörsen gesichtet haben, sollen wir alles schnell wieder wegstecken und sie schicken uns weiter, nehmen den Mann am Schlafittchen und gehen zurück Richtung Zentrum. Wir gehen ein paar Schritte. Als wir uns noch einmal umdrehen, sehen wir, wie einer der drei „Polizisten“ dem „Mann aus der Türkei“ eine Kopfnuss gibt. Wir sind kurz verunsichert: der Mann hat uns ja nichts getan; müssen wir ihm irgendwie helfen? Dass das Gauner sein könnten, kommt uns in dem Moment überhaupt nicht in den Kopf.

Auf dem Weg zum Hotel analysieren wir die Situation? Haben uns die „Zivilpolizisten“ gerade gerettet? Alles ging so schnell. Es war direkt neben einem dunklen Park und der zweite Mann, der abgebogen war, fällt uns wieder ein: wir haben ihn nicht mehr gesehen. Sind wir womöglich vor Schlimmerem bewahrt worden?

Es dauert noch etwas, bis wir die Situation so lange durchgespielt haben, dass uns schließlich auch die Möglichkeit in den Kopf kommt, dass das ein nettes Schauspiel war: ein Mann, der uns freundlich in ein Gespräch verwickelt, drei Männer, die sich als Polizisten ausgeben und wissen wollen, ob wir Devisen dabei haben, sich Geld zeigen lassen, der Mann, der kurz ablenkt, damit einer der Männer klauen kann, ohne dass man’s merkt. Das Ganze wurmt uns so sehr, dass Alex schließlich die 112 wählt, die Polizei. Wir landen in einer Notrufzentrale, die junge Dame spricht kaum Englisch. Ob wir Rumänisch sprechen würden? Nein. Französisch? Nein, nur Englisch. Dann legt sie auf. Einfach so. Alex ruft nochmals an. Sie hebt nicht mehr ab. Wenn das jetzt ein echter Notfall gewesen wäre, wären wir ganz schön aufgeschmissen…

Ich zücke mein Handy und gebe es Alex. Er ruft mit meinem Handy an. Die Dame ist wieder dran. „Wir wurden unterbrochen!“, sagt Alex. Er fragt, ob sie nicht jemanden habe, der Englisch spreche. Die Dame holt eine Übersetzerin dazu. Wir erklären, dass wir nicht wirklich einen Notfall hätten, aber nicht sicher seien, ob wir beklaut wurden. Alex schildert das Vorgehen der Männer. Die Dame fragt uns, wo wir seien, sie will einen Polizeiwagen schicken. Alex sagt, dass das wohl nicht notwendig sei, aber sie lässt sich nicht davon abbringen. Schließlich sollen wir zu unserem Hotel gehen und dort warten. Tatsächlich biegt kurz nach unserer Ankunft am Hotel ein Polizeiwagen aufs Hotelgelände ein. Drei (echte :)) Polizisten steigen aus. Alle sprechen Englisch. Wir erklären, was vorgefallen ist und fragen, ob Zivilpolisten in der Stadt seien. Sie lächeln und schütteln die Köpfe. Nein, und so gehe man von der Polizei auch nicht vor. Und die angeblichen Türken seien immer „Gypsies“, Zigeuner. Wir sollen vorsichtig sein. Sie würden gerne unsere Ausweise sehen, oder ob wir die jetzt nicht mehr vorzeigen würden?

Im Nachhinein fragt man sich: Hätte uns das sofort auffallen müssen? Man hört oder liest ja schon mal „Gaunermethoden“, aber wenn man dann selbst betroffen ist, ist das eine ganz andere Situation. Mich wurmte das die ganze Nacht. Habe mich über mich selbst geärgert, wie wir nur darauf hereinfallen konnten. Wenn ich das so im Nachhinein lese, denke ich: Na klar, waren das Gauner! Ich bin noch nie in meinem Leben beklaut worden, trage in Städten oder überfüllten Orten mein Hab und Gut immer dicht bei mir, so dass niemand Zugriff darauf hat. Und dann kommt man in so eine Situation, reagiert völlig falsch, ist mit den ganzen Umständen überfordert und: man denkt ja auch nicht sofort an Gauner! Wie oft haben wir uns schon mit Fremden unterhalten… Jetzt sind wir jedenfalls gewarnt und werden es – hoffentlich – das nächste Mal früher durchschauen.

Aber mal ehrlich: Die Jungs haben das richtig nett gemacht! Man geht mit einem guten Gefühl aus der Sache, weil man denkt, man wurde vor Üblerem beschützt. Und die haben auf nette Weise vielleicht 50 oder 100€ ergaunert. Irgendwie fast eine Win-Win-Situation :).

Zwei Wochen später gehen wir wieder in die Stadt, ins selbe Restaurant. Deutschland spielt gegen Frankreich und verliert. Wir trinken drei Wein. Wir hoffen fast, dass die Jungs noch einmal Zappzarapp-Versuch starten, weil wir ja jetzt vorbereitet sind. Aber wie das so ist: wenn man darauf wartet, kommt niemand. Vielleicht auch besser so. Das nächste Mal haben die Jungs bestimmt noch andere Ideen…

Zappzarapp in Rumänien
Zappzarapp in Rumänien

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