Paddeln im Donaudelta und: Vorsicht bei „Prost!“

Von der Cheile Dobrogei fahren wir weiter nach Tulcea. Tulcea ist ein hübscher Ort vor dem Donaudelta. Hier sitzen wir im „The Bakers“ und stärken uns für die Überfahrt, denn wir müssen eine Fähre nehmen, um ins Donaudelta zu kommen. Im Café bekommen wir plötzlich von einem wildfremden Mann eine Schüssel Kirschen hingestellt – nur wir. Noch völlig überrascht von dieser Freundlichkeit essen wir unsere Kirschen. Die Autofähre befindet sich östlich der Stadt und sieht ziemlich abenteuerlich aus und die Auffahrrampe wird noch per Handkurbel betrieben:

Auf der anderen Seite gibt es nur eine Straße, der wir bis in die Mitte ins Donaudelta folgen wollen. Da die eigentliche Straße schon nicht mehr befahrbar ist, wurde eine Nebenstraße ausgebaut. Wir fahren einen großen Umweg, sehen aber dabei schon die unterschiedlichsten Vögel.

Wir wollen bis zum Lacul Fortuna bei Gorgova. Einige Kilometer hinter Partiziani, noch vor Vulturu stehen wir plötzlich vor einer Schranke an einem Wohnhaus. Der Bewohner, ein älterer Herr steht schon da. Auf einem Schild steht handgeschrieben „Gorgova 19 km ->“. Der Pfeil zeigt weg von der Straße auf einen Feldweg rund ums Grundstück. Alex ist sofort klar: das wird schwierig, denn wir haben definitiv das falsche Fahrzeug. Unser Skoda liegt ziemlich tief und wir sind auf der „normalen Kieselpiste“ schon aufgesetzt, da können wir so Offroad-Sachen knicken. Wir fragen trotzdem mal nach und der Mann winkt gleich – mit einem Blick auf unseren Leihwagen – ab, deutet uns aber, selbst zu schauen. Alex kommt kopfschüttelnd zurück: viel zu tiefe Spurrillen. Der Mann bietet uns an, auf seinem Grundstück zu zelten und am nächsten Tag mit uns einen Ausflug mit dem Motorboot ins Donaudelta zu machen: 3 Stunden inklusive Abendessen 60€. Ob pro Person oder zusammen, keine Ahnung, aber es ist uns auf jeden Fall zu teuer. Wir haben ja das Kajak dabei und wollen selber paddeln. Auf meine Frage, ob wir denn ausnahmsweise über sein Grundstück fahren dürfen, schweigt er. Er überlegt es sich leider auch nicht anders, als wir sein Angebot ablehnen und wieder fahren. Wir sind enttäuscht. Und wie kommt das nun, dass da plötzlich eine Schranke den Weg versperrt? Der Mann hat das Grundstück gekauft, soweit so gut. Leider hat man aber vergessen, dass ausgerechnet durch dieses Grundstück die Hauptstraße läuft. Und so hat er sie einfach abgesperrt, vor allem aber, wie er mir erklärt hat, wegen der Kühe, die ihm alles wegfressen. Die, die mit einem Geländewagen unterwegs sind, sind besser dran, die umfahren sein Gelände einfach und so hat sich eine neue Straße gebildet.

Also fahren wir zurück nach Partiziani und übernachten etwas widerwillig auf dem CampingplatzEuro Campo Club„. Eine junge Dame empfängt uns auf Englisch und zeigt uns unseren Zeltplatz. Es ist kaum jemand da, wir haben also freie Platzwahl. Als sie uns die Einzelpreise pro Person, für den Zeltplatz und fürs Auto nennt, schwirrt uns erstmal der Kopf, aber nach dem Umrechnen kommen wir auf 8€ für eine Nacht; das ist akzeptabel und wir bleiben. Der Campingplatz bietet auch eine Tour im Donaudelta mit einem Motorboot an: 3 1/2- 4 Stunden für 47€/2 Personen. Je mehr mitfahren, desto günstuger wird’s.

Am nächsten Tag bauen wir unser Kajak vor dem Campingplatz auf, denn da ist direkt eine Einstiegsstelle in einen Seitenfluss der Donau. Die Männer vom Campingplatz, die gerade angeln, sind beeindruckt. Wir paddeln also ein bisschen – insgesamt so um die 15 km – herum, kommen bis zum See Tataru. Wir stellen fest, dass es gar nicht so leicht ist, die Vögel aus der Nähe zu sehen: Wir können uns vielleicht 100m nähern, bevor sie flüchten, aber für gute Fotos reicht das nicht.

Das Kajak schaukelt in den Wellen und der Wind macht es uns zusätzlich schwer, auf einer Stelle stehen zu bleiben. Da die Vögel eh immer abhauen, wird es für uns irgendwann interessanter, Libellen beim Liebesakt zu beobachten :). Das sind wenigstens dankbare Fotoobjekte:

Am Abend sitzen wir mit dem Chef des Campingplatzes „Big Boss“, wie er sich selbst nennt, am Tisch, weil er uns versprochen hat, uns auf einen Schnaps einzuladen, einen selbstgebrannten. Als wir die Gläser heben, ruft Alex fröhlich: „Prost!“ Die Rumänen gucken komisch. Das höre man hier nicht so gern, erklärt Big Boss. Das rumänische Wort „prost“ heißt nämlich übersetzt ausgerechnet „dumm“! Wir einigen uns auf ein unverfängliches „Prosit“ und stoßen an. Es stellt sich beim feuchtfröhlichen Beisammensein heraus, dass Big Boss nicht nur etliche Firmen sein Eigen nennt, sondern hobbymäßig auch noch Freimaurer UND Tempelritter ist (und ich dachte immer, man müsste sich für eins entscheiden). Und weil wir das nicht so recht glauben wollen, zeigt er uns Fotos mit weißer Kutte und rotem Kreuz. Ich bin neugierig und frage ihn, was man denn eigentlich als Tempelritter bei so Treffen macht, aber leider bekomme ich keine Antwort. Das will er nicht verraten (es gibt bei diesen Vereinigungen auch so etwas wie eine Verschwiegenheitspflicht). Es ist ein toller und lustiger Abend mit Big Boss, Oktavian (Arbeitskollege und angeheirateter Cousin, oder so) und selbstgebranntem Birnenschnaps (ziemlich lecker und ja, wir können noch sehen) und selbstgemachtem Wein, der gar nicht nach Wein schmeckt. Oktavian hat allerlei Storys auf Lager und rät mir dringend davon ab, halbdomestizierte Minischweine im Donaudelta zu streicheln, auch wenn sie noch so niedlich seien. Big Boss liebt rumänische Volkslieder und Oktavian muss sie alle für uns ins Englische übersetzen. Schließlich tanzen wir noch zusammen in einem Ringtanz und Big Boss lädt uns in sein Gebiet im Süden Rumäniens ein.

Am nächsten Tag fahren wir zurück zur Fähre. Zwar wartet bereits das nächste Klettergebiet auf uns, aber wir haben uns verliebt…ins Donaudelta. Also bleiben wir noch. Bleibt nur die Frage: unten oder oben rum? Ich mag’s „gefährlich“, also will ich oben rum, am ukrainisch-rumänischen Grenzfluss Bratul Chilia (Kilijaarm) entlang.

Am Fährhafen sitzt ein Welpe. Ich muss natürlich sofort hin und ihn streicheln. Er knurrt wie ein Großer! Seine spitzen Zähnchen graben sich in meine Finger, in meinen Arm, in meinen Schuh!

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Vorsicht vor dem BISSCHEN Hund: Miniwachhund bei der Arbeit

Zwei Kilometer von der Fähre entfernt werden wir von einem Wachposten gestoppt. Unsere Personalausweise werden gecheckt. Wohin wir wollen? Zum Campingplatz im Dorf Chilia Veche und weil wir den Namen nicht richtig aussprechen können, tippen wir auf die Stelle bei Maps.me. Ob wir reserviert hätten? Nein. Ob wir mal angerufen hätten? Nein. Unsere Personalsausweisnummern werden händisch in ein Büchlein eingetragen. Man erklärt uns lächelnd, dass wir lieber nicht im Grenzfluss herumschwimmen oder paddeln sollen; das wär‘ wohl gesundheitsschädigend, sag‘ ich mal. Nach diesem Warnhinweis dürfen wir weiterfahren. Glücklicherweise beantworten wir alle Fragen wahrheitsgemäß, denn wir werden keinen Campingplatz finden, der sich angeblich laut Maps.me inmitten des Dorfes Chilia Veche befinden soll. Wir suchen uns „einen Wolf“. Ursprünglich wollten wir durch das Dorf bis ans Wasser heran, aber wir kommen im Dorf nicht weit, denn es gibt keine richtigen Straßen. Nur Schlammpisten mit zu tiefen Spurrillen, bei denen wir mit dem Mietwagen ständig aufsetzen.

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Also fahren wir zurück und übernachten außerhalb des Dorfes unterhalb der Straße am Fluss. Es wird eine unruhige Nacht, weil es um uns herum lautstark zirpt, quakt und überhaupt sehr geräuschvoll ist. Am nächsten Tag entscheiden wir uns auch noch gegen das Paddeln, weil der Nebenfluss des Grenzflusses plötzlich eine starke Strömung hat, die er gestern noch nicht hatte. Außerdem ziehen Wolken auf; für die nächsten Tage ist schon wieder schlechtes Wetter vorhergesagt. Also fahren wir wieder aus dem Donaudelta und nach Greci zum Klettern.

In Greci angekommen müssen wir mit Zelt und allem was dazugehört einschließlich Proviant 2 km den Berg hoch. Wir übernachten am Berg auf einer schönen Wiese und sehen ein Gewitter vorbeiziehen, das uns um nur wenige Meter verfehlt. Es tröpfelt nur ein bisschen, aber nicht weit von uns entfernt sehen wir Blitze bis zum Boden.

Am nächsten Tag packen wir unsere Sachen zusammen und müssen quasi vom Berg fliehen, weil dicke schwarze Wolken aufziehen. Außerdem haben wir keine Ahnung, wo sich der Kletterfels befinden soll. Es gibt keine eindeutig Beschreibung. Wir dachten, wenn wir vor Ort wären, würden wir es sehen. Wir sehen aber den Kletterfels nicht. Und eine vernünftige Topo gibt es nicht. Da es ohnehin anfängt zu regnen, erübrigt sich die Suche nach dem Kletterfels. Als es in Strömen regnet, haben wir es gerade bis zum Auto geschafft. Im Regen geht es zurück „nach Hause“, zum Fusel auf dem Werkstattgelände.

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Fuchs auf dem Weg „nach Hause“

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