Auf nach Helsinki und: Visaanträge für Russland

Wer garantiert Rentiere auf der Straße sehen will, muss nur die 843 an der russischen Grenze entlangfahren: hier gibt es einige Rentierfarmen. In Lappland bzw. in der nördlichen Hälfte Finnlands wird noch die Rentierzucht betrieben. Teilweise sind sie komplett domestiziert, teilweise halbdomestiziert, das heißt, sie laufen frei herum, aber der Rentierzüchter guckt ab und zu mal nach seinen Tierchen und einmal im Jahr treibt er sie zusammen; dann wird ein bisschen geschlachtet, Tiere werden markiert und danach wieder entlassen. Deswegen laufen immer wieder Rentiere auf der Straße oder am Straßenrand. 

  

Das ist nicht ungefährlich: eine Herde sieht man gut, aber einzelne Tiere  sieht man meistens durch ihre gute Tarnung erst im letzten Moment und dann rennen sie erschreckt erst mal auf einen zu, um dann wieder einen Haken vom Fahrzeug weg zu schlagen. Die Finnen sausen ziemlich mutig an den Tieren vorbei und so kommt es immer wieder, wie bei Elchen auch, zu Unfällen. Wir bremsen auch für Rentiere und so kann ich ein paar schöne Fotos schießen.

Ansonsten lohnt sich die 62! Durch Zufall haben wir einen schönen Straßenabschnitt, den wir zuvor auf einem Bild gesehen haben, auf der 62 gefunden. Um Euch das zeigen zu können, hat Alex die Drohne herausgeholt und ein Foto von oben gemacht:

Foto der 62 von oben
Die 62 mit dem Fusel von oben

In Finnland gibt es noch viele unbefestigte Straßen (meistens Straßen mit 5-stelliger Nummer).

Über solche kleinere Straßen fahren wir nach Helsinki und parken auf einem wundervollen ruhigen Platz am Strand am Ende der Hiekkarannantie in der Nähe der Innenstadt.

Bereits Tage zuvor haben wir uns über die erforderlichen Dokumente für ein Russland-Visum informiert:

  • Visumantrag in zweifacher Ausfertigung
  • zwei Passfotos mit Unterschrift auf der Rückseite
  • Nachweis der Krankenkasse mit Geltungsbereich in Russland (russisch, englisch oder finnisch)
  • Einladungsschreiben

Das Erfordernis Einladungsschreiben bereitete uns am meisten Kopfzerbrechen. Entweder muss man sich an eine Travel Agency wenden, die viel Geld (ab 100 € aufwärts) für die Visumbeschaffung nehmen, oder man kümmert sich selber darum. Wir landen auf der Internetseite von vfs-global, die die Dokumente für Visaanträge entgegennimmt, prüft und diese dem Konsulat weiterleitet. Vfs-global erklärt auf der Webseite eindeutig, dass sie keine Beratungsstelle seien (man muss also selber schauen, was man in seinen Antrag schreibt), aber man helfe zumindest beim Ausfüllen und bei der Durchsicht der Dokumente, ob alles vollzählig ist und alle Voraussetzungen erfüllt sind. Fragen zu unserem Fahrzeug (etwa, ob es da bestimmte Voraussetzungen (zB carnet de passage) gäbe, denn wir wollen an der Grenze keine bösen Überraschungen erleben) wurden nie beantwortet. 

Dank Internet finden wir das Hotel Elizar in Sankt Petersburg, wo wir zum einen mit unserem Fusel sicher stehen können und zum anderen ein Einladungsschreiben erhalten. Das zu bekommen dauert etliche Tage. Nachdem wir das Hotel mehrmals angeschrieben haben, kommt die Frage zurück, ob wir als Deutsche denn in Finnland überhaupt Visa beantragen könnten. Ich habe mir darüber überhaupt keine Gedanken gemacht, denn wozu gibt es denn Konsulate? Trotzdem frage ich bei vfs-global vorsichtshalber mal nach. Nachdem wir die positive Bestätigung von vfs-global haben, folgt nochmals Emailwechsel mit dem Hotel und nach einigen Tagen haben wir zwar keine Bestätigung für den Stellplatz, wohl aber das Einladungsschreiben. Damit haben wir alle nötigen Dokumente zusammen. Hinsichtlich des Stellplatzes müssen wir nochmals anfragen, um nach weiteren Tagen die Bestätigung zu erhalten.

Da wir einen Drucker dabei haben, drucken wir schon mal sämtliche Dokumente aus und bereiten alles für unseren Besuch beim Visa-Application-Centre vor.

Unsere Visa-Anträge

Darüber hinaus haben wir gelesen, dass Russland seit November 2010 noch eine weitere Visumanforderung hat: nachdem Deutschland einen Nachweis zur Rückkehrwilligkeit des russischen Visumsbeantragenden fordert, hat Russland entsprechend darauf reagiert und fordert umgekehrt auch für Deutsche, die nach Russland reisen wollen, einen entsprechenden Nachweis („Prinzip der Gegenseitigkeit“). Interessant finde ich hier das Thema „Hausfrauen“: hier genügt eine formlose Erklärung des Ehemanns über die Höhe der monatlichen Unterstützung (diese sollte also nicht zu gering ausfallen, sonst glaubt keiner an eine Rückkehrwilligkeit :D). Auf der Seite von vfs-global haben wir gelesen, dass, könne man dies nicht nachweisen (zB in Form von Gehaltsabrechnungen, Rentennachweise), diese gegen eine Gebühr in Höhe von 15 EUR eine solche Bestätigung abgeben. Wir sind gespannt…

Am Mittwoch, den 13. April 2016 stehen wir also in Helsinki vor dem Büro von vfs-gobal. Zuerst wollten wir direkt beim russischen Konsulat vorsprechen, aber bei der Wartezeit von einem Monat für einen Termin keine gute Idee. Bei vfs-global brauchen wir keinen Termin. Wir klingeln also mit allen Dokumenten in der Urho Kekkosen katu 7B in Helsinki, der Summer erklingt und wir fahren mit dem Fahrstuhl in die 3. Etage. Dort angekommen müssen wir nochmals klingeln, überall Kameras. Hinter dieser Tür sitzt links ein Wachmann und klärt uns darüber auf, dass wir eine Nummer ziehen müssen. Der Automat ist in finnischer Sprache (ich kann unmöglich was ableiten) und ich gucke ihn fragend an. Ich müsse den ersteren Button drücken; ich bekomme die Nummer 19.  Der einzige andere Kunde außer uns steht bereits an einem der zwei geöffneten Schalter. Also warten wir bis unsere Nummer auf der Anzeige erscheint. Wir gehen zum Schalter. Eine junge Dame sitzt hinter einer Glasscheibe. Es ist wie ein Bankbesuch. Nach Durchsicht unserer Dokumente gibt uns die junge Dame jeweils einen Antrag mit Foto wieder zurück; wird nicht benötigt. Sie habe Probleme mit unserer privaten Krankenversicherung, denn diese stünde nicht auf ihrer Liste mit finnischen Krankenversicherungen, die akzeptiert würden. Kein Wunder, sagen wir, ist ja auch unsere private Krankenversicherung. Ob denn der Rücktransport im Falle einer Krankheit abgedeckt sei? Ich bin mir da gar nicht so sicher, aber um weiteren Fragen und vor allem einer Ablehnung entgegenzuwirken, nicken wir einfach: na klar (ist tatsächlich enthalten)! Ja, dann hätte sie da eine Lösung: sie gibt uns zwei Blätter Papier, auf die wir in englischer Sprache schreiben sollen, warum wir keine finnische Krankenversicherung haben und eine Bestätigung, dass der Rücktransport von unserer Versicherung abgedeckt ist. Dann gibt sie uns alle Dokumente zurück mit dem Hinweis, dass wir eine Nummer ziehen sollen, sobald wir fertig sind. Das ist ja einfach, denke ich. Als sie ihre Bedenken äußerte hatte ich schon befürchtet, wir müssten bei unserer Krankenversicherung eine neue Bestätigung anfragen. Ich schreibe also für jeden von uns, dass, weil wir ja keine Finnen sind und auch keine finnische Sozialversicherungsnummer haben, leider keine finnische Krankenversicherung vorweisen können und dass – natürlich – der Rücktransport von unserer Krankenversicherung abgedeckt ist. Dabei muss ich immer aufpassen, dass ich „Finnish“ und „finish“ nicht verwechsle :D. Und obwohl ich schon gedacht habe, dass es vielleicht besser wäre, zu warten, bis die Dame zurück an ihrem Platz ist, die uns zuvor „beraten“ hat, ziehe ich voreilig eine Nummer; die 20. Dieses Mal sind wir alleine. Wir müssen zu einem anderen Schalter: anderer Schalter, andere Dame. Entschuldigend sagt sie, sie müsse sich nun alle Dokumente noch einmal anschauen. Sie hat ein Problem mit dem Einladungsschreiben und berät sich im Nebenraum mit ihrer Kollegin. Als sie zurückkommt erklärt sie, dass auf dem Einladungsschreiben „Tourist“, auf den Antragsformularen jedoch „Automobile Tourist“ stünde. Das müsse eigentlich übereinstimmen. Aber man wolle mal nicht so sein, es würde schon klappen. Glück gehabt. Unsere Ausreisewilligkeit wird überhaupt nicht thematisiert. Sie stellt lediglich richtig fest, dass wir nicht arbeiten. Eine zügige Bearbeitungszeit betrage 7 Tage, erklärt sie weiter, eine normale um die 20 Tage. Wir wollen die zügige. Im Internet haben wir gelesen, dass man mit einer Mehrzahlung einen Visumantrag für insgesamt 70 € pro Person innerhalb von drei Tagen durchbekommen könne, also fragen wir nach. Nein, das ginge nicht; 7 Tage. Na gut. Jeweils 61 € müssen wir zahlen. Weder die Bearbeitungszeiten noch die Visagebühren stimmen mit den angegebenen Daten im Internet überein; der Preis jedoch kommt hin (35 € für normale Visumbeschaffung (um die 20 Tage), 70€ für Visum in 3 Tagen). Die Dame gibt uns eine Quittung mit zwei Nummern, unter denen wir im Internet den Fortgang unserer Visa beobachten können und mit denen wir unsere Pässe zurückbekommen – also schön aufpassen. Wir sind happy, dass alles so reibungslos klappt. 7 Tage sind für uns ohnehin in Ordnung; wir wollen noch schnell die Westküste Finnlands ein bisschen abfahren.

Am See irgendwo in Finnland
Am See irgendwo in Finnland

2 Gedanken zu “Auf nach Helsinki und: Visaanträge für Russland

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