Gänsehaut in der Schneesauna und: „Der Tisch tropft!“

Wusstet ihr, dass das Wort „Sauna“ aus dem Finnischen kommt? Es ist das einzige finnische Wort, das international in andere Sprachen aufgenommen wurde. Die Sauna hat in Finnland eine besondere Bedeutung. Angeblich gibt es in Finnland so viele Saunen, dass alle 5,4 Mio Einwohner gleichzeitig darin Platz haben: es gibt schätzungsweise 2-3 Mio Saunen. Es gibt sie in Einzimmerwohnungen, in Sommerhäusern, öffentlichen Schwimmbädern, Sportstudios, Hotels, einfach überall. Selbst finnische Botschaften im Ausland haben ihre eigenen Saunen; ja selbst im Parlament in Helsinki gibt es eine. Für die Finnen sind regelmäßige Saunabesuche ein Muss; es ist ein Ort der körperlichen und seelischen Reinigung. Der Begriff „saunanjälkeinen“ („nach der Sauna“) ist die perfekte Entschuldigung, wenn man in Finnland einfach mal gar nichts tun möchte. Die meisten Saunen sind heute privat. In den Großstädten findet man noch öffentliche Saunen. (Alles zu Saunen in Finnland: Sauna) Deshalb tun wir uns wohl auch etwas schwer, eine Sauna für uns zu finden. In der Nähe von Saariselkä haben wir theoretisch die erste Möglichkeit: ein Hotel bietet auch Nicht-Gästen den Besuch der finnischen Rauchsauna an (kakslauttanen – rauchsauna-und-eislochschwimmen) Die Rauchsauna ist die traditionelle Form der finnischen Sauna. Über mehrere Stunden wird ein großer Steinhaufen den ganzen Tag lang mit großen Holzscheiten aufgeheizt, wobei sich der Rauch im Saunaraum selbst ausbreitet. Leider ist die Sauna für uns ausgerechnet heute, an einem Donnerstag, geschlossen und erst am Nachmittag/Abend des nächsten Tages wieder geöffnet. So lange wollen wir aber nicht warten, gucken uns kurz das „Santa’s Office“ in Saariselkä an…

Santas Office in Saariselkä

…und düsen weiter Richtung Rovaniemi, in der Hoffnung, zwischendurch noch eine weitere Möglichkeit zum Saunieren zu finden. Gerne wollen wir in eine Saunahütte am See des Eisschwimmens wegen, aber das gestaltet sich als schwierig: man muss die Blockhütte nebst Sauna immer gleich mindestens für eine Woche buchen. Die Sache mit „in-den-See-hüpfen“ gestaltet sich auch als schwierig, weil sämtliche Seen in Finnland derzeit noch mit einer dicken Eisschicht überzogen sind, weswegen wir keine Eisschwimmer, wohl aber umso mehr Eisfischer sehen, die mit ihren Eisbohrern eine Wuhne (so nennt man das Loch) in das Eis bohren. Und da sitzen sie dann dick angezogen auf ihren kleinen Stühlen, die Köpfe gesenkt, wartend, bis ein Saibling oder was auch immer anbeißt. Es gibt sogar Eisfischwettbewerbe.

In der Nähe von Rovaniemi finden wir schließlich zufällig das Arctic SnowHotel, das neben Übernachtungen im Eishotel auch Sauna für Nicht-Gäste anbietet. Und weil ich auf deren Homepage gelesen habe, dass es eine Lake-Sauna gibt, sehe ich uns quasi schon nach dem Saunagang ins eiskalte Wasser springen. Das Hotel liegt schön versteckt im Wald. Es ist eine relativ große Hotelanlage (größer als das Eishotel in Jukkasjärvi, Schweden) bestehend aus einem Empfangsbereich mit Restaurant im Holzhaus, dem Eishotel, Saunas, etliche Glasiglus (runde Holzhäuser mit Glasdach für die Beobachtung der Polarlichter) und einem hauseigenen weißen Rentier im Gehege. Freundlich legt man uns die Preisliste für die Sauna hin. Uns fällt sofort die Schneesauna auf, das klingt interessant. Die Preise sind genauso interessant: normale Sauna + Schneesauna für 60 min = 40€ pro Person (allerdings sind wir komplett allein). Na ja, aber wo wir schon mal hier sind? Die nette Dame blättert auch gleich weiter und weiß, was Touristen das Geld aus den Taschen lockt: ein 3-Gänge-Menü im Eisrestaurant. Mein Herz schlägt höher! 55€ pro Person kostet das kulinarische Erlebnis in der kalten Höhle. Na ja, wo wir doch schon mal hier sind… :). Insgesamt verlangt die Dame 220€. Ich schlucke und frage nach: Wie sie denn auf 220€ komme, müssten das nicht vielmehr 190 € sein (was als Gesamtpreis schon ziemlich happig ist)? Ja, sagt sie, in meiner Rechnung sei aber der Eintritt noch nicht enthalten! Welcher Eintritt? Na ja, um das Gelände und das Eishotel selbst sehen zu können. Schließlich würden wir uns ja darin aufhalten, also müssten wir die 15 € pro Person  (beinahe ein Schäppchen gegenüber dem Eintrittspreis für das Eishotel in Jukkasjärvi von fast 35€) bezahlen. Ich frage sie, ob das ihr Ernst sei, wir würden ja schließlich die Sauna nutzen und ins Eisrestaurant gehen. Ja, das sei ihr Ernst; alle Gäste müssten das ebenso bezahlen, das sei im Zimmerpreis bereits enthalten. Was will man machen? Alex fragt noch, ob es ein Problem darstelle, wenn wir auf dem Parkplatz vor dem Eishotel über Nacht stehen würden. Die Dame entschuldigt sich kurz: da müsse sie mal eben nach dem Preis fragen! Das haben wir noch nie erlebt. Bisher konnten wir immer, wenn wir Gäste irgendwo waren, auch dort stehenbleiben. Zumal der Parkplatz so liegt, dass man niemanden stört. Wir lehnen ab, als sie mit einem Zettel zurückkommt, den wir ausfüllen sollen.

Jetzt sind wir ein bisschen im Stress, denn der Saunabesuch soll nicht nach Wunsch, sondern sofort losgehen. Es ist bereits kurz vor 19 Uhr und um 20 Uhr erwartet man eine Touristengruppe, die auch in die Sauna möchte. Das heißt, wir haben einen straffen Zeitplan: 19-20 Uhr Sauna und ab 20 Uhr Essen im Eisrestaurant.

Wir folgen also dem jungen Mann, der uns die Saunaräume zeigt. Die ersten 10 min verbringen wir in der heißen Sauna; leider nicht so romantisch wie ich es auf den Bildern gesehen habe, denn die Lake-Sauna ist für uns gar nicht geöffnet. Also sitzen wir auf einer Holzbank in einer Sauna, wie wir sie schon zig mal in Deutschland besucht haben, und schütten Wasser auf die elektrisch erhitzten Steine. Nach weiteren 10 min ist unsere Schneesauna fertig. Jetzt wird’s interessant! Der junge Mann hatte uns bereits bei der Führung erklärt, wie alles funktioniert. Wir also mit Schlappen, Badetuch und Mützchen auf dem Kopf (man will ja nicht frieren) raus aus dem Gebäude und rein in die Sauna. Diese ist quasi eine Höhle im Schnee. Wir nehmen jeder auf einer der beiden Holzbänke Platz, die auf den indirekt beleuchteten Eisklötzen aufliegen (wirklich was fürs Auge!). Rechts von uns steht der elektrische Ofen, dahinter das Loch für die Luftzirkulation. Wir hauen ordentlich Wasser drauf, dass es nur so dampft… und den elektrischen Ofen von fast 300 Grad auf 90 Grad abkühlt. Wir sehen nix mehr, dichter Dampf hüllt uns ein…, aber nur so lange, wie sich der Dampf im Raum hält. Durch das Loch findet dieser schnell den Weg nach draußen…, zu schnell. Wir frösteln. An den Füßen zieht’s ohnehin die ganze Zeit. Wir warten, bis sich der Ofen wieder auf über 100 Grad erhitzt hat und lassen noch zwei Kellen Wasser zu Dampf werden. Es ist ein bisschen wie Dampfsauna in kalt. Wenn man will, kann man dann noch seinen Rücken an die Eiswand lehnen. Nach exakt 10 min ist der Spaß leider auch schon wieder vorbei, denn die Schneesauna muss sich erholen, sonst fällt einem die Decke auf den Kopf, oder so. Andere Saunaräume sind bereits „abgesaunt“, sag‘ ich mal: Das Eis unter den Bänken ist weggeschmolzen und auch so sieht der Raum nicht mehr so aus, als könnte man da gefahrlos rein.

Schneesauna
„unsere“ Schneesauna

Wir frieren aber schon wieder und hüpfen schnell noch einmal in die heiße Sauna, so heiß, dass es wehtut beim Atmen. Wir sind gerade im Ruheraum, in dem der Kamin leider nicht brennt, als der junge Mann an die Tür klopft: unsere Zeit sei vorbei! Ach was, schon? Also, schnell anziehen, Haare fönen und raus, denn die nächsten Gäste warten ja schon. Ein ganz nettes Erlebnis, aber erholsam und „seelenreinigend“ ist was anderes…

Wir nehmen uns noch schnell die Zeit, das hauseigene weiße Rentier zu streicheln…

Hauseigenes Rentier
Hauseigenes weißes Rentier

…was das Tier aber entschieden mit energischen Kopfstößen ablehnt, und gehen ins Eishotel. Hier drehen wir eine ausgiebige Runde durch die einzelnen Zimmer. Insbesondere die Suiten haben es mir angetan: eine schöner als die andere, denn sie sind alle unterschiedlich gestaltet mit viel Schnitzerei und indirektem Licht. Ich komme aus dem Staunen nicht mehr raus…

Wie bereits im Eishotel in Jukkasjärvi, Schweden, wird empfohlen, nur eine Nacht in den  kalten Zimmern zu schlafen, in denen es übrigens kein Badezimmer gibt. Hinterher bekommt man ein Zertifikat, dass man die Nacht im Eishotel überlebt hat 😀 (Zitat: „…a certificate of achievement celebrating your overnight stay in arctic conditions inside walls made of snow and ice“). Eine Übernachtung im Glasiglu kostet übrigens ab 399 € für das kleinste Iglu bis 550 € für das Familieniglu. Der Preis für die Eiszimmer variiert zwischen 130 € und 475 € pro Nacht. Hier schläft man auf Rentierfellen mit Thermoschlafsack.

Schließlich landen wir nach der Eisbar im Eisrestaurant. Hier nehmen wir auf Eisklötzen mit Rentierfellen am Eistisch Platz. Auf einem Holzbrett werden die Speisen serviert. Wir sitzen bei -2 Grad (draußen sind 0 bis 1 Grad!) im Halbdunkel und künstlichen Kerzengeflacker; wir sehen fast nichts. Der 1. Gang ist eine Tomatensuppe. Schnell stellen wir fest, dass wir zügig essen müssen, weil die Suppe sonst kalt wird und das Metallbesteck an den Händen festfriert. Und wir haben ja keine Handschuhe dabei. Die Tomatensuppe auf dem Löffel ist kalt, bevor sie im Mund ankommt :D. Als Hauptgang hatten wir eine kleine Auswahl an Gerichten: Elch, Rind, Lachs oder etwas Vegetarisches. Es muss natürlich der Elch sein, wo wir doch schon mal hier sind. Serviert wird der Gang extrem heiß in einer Auflaufform, was hinsichtlich des Aussehens etwas an die Mahlzeiten  erinnert, die im Flieger serviert werden: hauchdünne Scheiben Elchfleisch mit Soße, dazu Kartoffelbrei und Tiefkühlgemüse; das ganze in der Mikrowelle heiß gemacht, damit es lang genug heiß bleibt. Während wir essen sagt Alex plötzlich: „Du, der Tisch tropft!“ Unsere Hosen sind großflächig um die Knie herum und am Oberschenkel durchnässt; rechts scheine ich mehr Hitze auszustrahlen, denn da ist es am schlimmsten. Probleme mit Gästen, die zu lange sitzen bleiben, hat man im Eisrestaurant jedenfalls nicht, denn wir „fiebern“ (sofern das die Temperaturen überhaupt zulassen) bereits dem letzten Gang entgegen: (nein, kein Eis :D) Mousse au Chocolat auf Biskuit serviert auf einer Schneeflocke aus Eis. Die junge Kellnerin erklärt uns, dass es 8 Stunden benötige, bis das in Form gegossene Wasser zu Eis erstarre. Aha. Es sieht wirklich sehr hübsch aus. Der Mini-Nachtisch ist schnell gegessen und uns zieht es ins warme Wohnmobil.

Ein schönes Erlebnis, aber wie unsere junge Kellnerin schon richtig bemerkt: Man macht es nur „once in a lifetime“! 🙂

P.S.: Wenn ich beide Hotels vergleiche (Jukkasjärvi und Rovaniemi), finde ich das Arctic Snow Hotel in Rovaniemi schöner…


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