Ein neuer Kletterspot, ebenfalls auf der spanischen Seite der Pyrenäen, schön gelegen direkt hinter der spanischen Grenze, wenn man der engen, kurvigen Straße folgt. Es ist ein kleines Naturjuwel: nicht nur für Kletterer, sondern auch für Wanderer oder Radfahrer. Sadernes ist so klein, dass es lediglich einen Campingplatz mit einem kleinen Hostel und einer Kirche besteht. Der Campingplatz ist zu diesem Zeitpunkt nur am Wochenende geöffnet. Am Campingplatz finden wir eine Wasserquelle, also tanken wir erst einmal unser WoMo auf. Dann geht es bis zum ersten Parkplatz; eine Weiterfahrt ist so sehr verboten, dass mit 300 Euro Strafzahlung gedroht wird, wagt man es doch. Da eine Art Ordnungsamt hier auch nach dem Rechten sieht, sollte man lieber auf dem Parkplatz stehenbleiben. Wir wollen die Gegend, insbesondere den Kletterspot erkunden. Eine Umgebungskarte verrät jedoch, dass es eine 45-minütige Strecke zu überwinden gilt. Wir sind uns einig, dass wir am nächsten Tag mit den Rädern zum Fels fahren, denn die Kletterausrüstung wiegt zwischen 10 und 15 kg.
Klettern wollen wir im Sektor „Castell s’espasa – lower part“. Dort gibt es für uns die richtigen Schwierigkeitsstufen im 6er-Bereich und gut abgesichert mit Bohrhaken. In der Gegend sind auch viele andere Tagestouristen unterwegs, denn es handelt sich um eine schöne Schlucht mit schönen Wanderwegen.
Mit dem Fahrrad fahren wir bis zum Fels, direkt am Schotterweg. Neben uns klettern zwei Spanier, von denen ich mir kurz die Routen erklären lasse, weil keine Namen am Fels stehen und die Routen aus der Topo nicht erkennbar sind.
Alex klettert die zweite Route des heutigen Tages im Vorstieg. Ich stehe unten und gebe Seil, hinter mir rauscht lautstark der Fluss, der Rio Aniol. Ich höre angestrengt auf Alex, dass er endlich „Stand!“ ruft, denn ich sehe ihn nicht mehr. Alex ist schon lange über dem Felsbauch verschwunden und müsste schon längst das Ende der Route erreicht haben. Aber Alex bevorzugt heute die 30-m-kletter-und-12-m-fall-Technik. Das Seil wird immer schlaffer, ich hole es ein. Dann gibt es plötzlich einen kräftigen Ruck und ich werde gegen die Felswand geschleudert. Alex befindet sich jetzt unter dem Bauch und hält sich den linken Fuß. Er will wieder hochklettern, um die oberen Exen zu holen, aber er schafft es nicht; der Fuß ist stark gestaucht. Ich lasse ihn ab, die Expressen unter ihm nimmt er mit, zwei sind noch oben. Ich komme mit Hautabschürfungen an Händen, Armen und Knien, na ja und einem Schreck davon. Was war passiert?
Alex befindet sich unter dem Stand über der letzten Expresse. Diese ist jedoch so weit unter dem Stand, dass Alex einen Keil zur Absicherung setzt; auch um zu üben, falls wir in Zukunft in unbekanntem Gelände Selbstsicherungen anbringen müssen. Die Wand ist positiv geneigt und das Gelände einfach. Aber als Alex die Expresse an den Keil klemmen will, reißt der Keil explosionsartig aus der Wand, Alex verliert den Halt und stürzt mehr als 12 Meter am Fels herunter.
Wir bitten die beiden Spanier, unsere Expressen runterzuholen. Danach fahren wir eine kurze Strecke zum Fluss, um Alex’ Fuß zu kühlen. Zunächst sieht es gar nicht so schlimm aus, aber das ändert sich schnell. Alex’ Fuß schwillt beträchtlich an und leuchtet am nächsten Tag dunkelrot. Den Rest des Tages verbringen wir im WoMo. Wir fahren zu einer Apotheke in Figueres, um eine Schiene zu kaufen. Alex hüpft auf dem gesunden Fuß in die Apotheke rein. Ich versuche auf Spanisch zu erklären, was los ist. Die Apothekerin versteht, bringt aber eine instabile Schiene. Wir versuchen es weiter auf Englisch. In der Apotheke habe man eine solche feste Schiene nicht vorrätig; wir müssen zum Laden für Orthopädie, ganz in der Nähe. Schließlich sprechen Alex und ich miteinander und die Apothekerin antwortet plötzlich im feinsten Deutsch. Warum wir das denn nicht gleich sagen… Sie hätte etliche Jahre in Deutschland gelebt; die Welt ist klein. Wir kaufen die Schiene für 80€ im Fachladen.
Ich massiere den Bluterguss innerhalb einer Woche weg, aber Alex wird einige Wochen den Fuß nicht belasten können und eine Schiene tragen. Erst drei Monate später wird der Fuß wieder gut einsetzbar sein. Etwas ärgerlich ist, dass wir die gleiche Schiene bei Decathlon für die Hälfte des Preises bekommen hätten.
2 Gedanken zu “Sadernes und ein Sturz”